: Licht gegen Kükentötung
Geschlechtsdiagnose im Ei mit Infrarot soll Hühnertod verhindern
BERLIN taz | In Deutschland werden jährlich 40 Millionen Hühnerküken kurz nach dem Schlüpfen getötet, weil sie männlich sind. Ihr Fehler: Sie legen keine Eier, und für die Mast wachsen sie zu langsam. Schließlich wurden die heute üblichen Hühnerrassen extrem spezialisiert gezüchtet. Sie liefern entweder viel Eier oder viel Fleisch – aber nie von beidem genug, um rentabel zu sein. Deshalb landen die männlichen Küken am ersten Lebenstag in Tonnen, wo sie mit Kohlendioxid erstickt werden.
Um diese Grausamkeit künftig zu vermeiden, erforscht eine Gruppe von Wissenschaftlern um die Tiermediziner Maria-Elisabeth Krautwald-Junghanns und Thomas Bartels seit 2005 Alternativen. Sie wollen das Geschlecht der Küken schon vor dem Schlüpfen bestimmen. Die Eier könnten dann gegessen und kein Küken müsste getötet werden.
Am vielversprechendsten scheint derzeit der Einsatz von Licht zu sein, wie aus einem Vortrag Krautwald-Junghanns’ vor kurzem in Berlin hervorgeht. Mit einem Laser gelang es den Forschern bereits, die Schale an einigen Punkten so weit abzutragen, dass man in das Ei hineinleuchten kann, der Embryo aber nicht geschädigt wird.
Dann wollen die Wissenschaftler die Keimscheibe – den frühen Embryo – mittels Infrarotstrahlung im Eidotter orten. „Erste Ergebnisse zeigen, dass sich die Keimscheibe mit dieser Methode durch kleine zylindrische Öffnungen in der Eierschale problemlos darstellen lässt“, sagt Krautwald-Junghanns.
Auch die eigentliche Geschlechtsdiagnose soll mit Hilfe von Licht erfolgen. Eine Methode ist die Infrarotspektroskopie. Dabei strahlen die Forscher Licht einer bestimmten Wellenlänge auf die Keimscheibe, anschließend wird das Spektrum der reflektierten Strahlen aufgezeichnet. „In Versuchen konnten bereits geschlechtsspezifische spektrale Unterschiede in Keimscheiben von Haushühnern nachgewiesen werden“, berichtet die Professorin der Uni Leipzig.
Im Ei selbst haben die Wissenschaftler das aber noch nicht versucht. Das ist nur eine von vielen Herausforderungen, die den Forschern noch bevorstehen. Bis die Geschlechtsbestimmung im Ei praxistauglich ist, dürften noch Jahre vergehen – und Millionen Küken erstickt werden.
JOST MAURIN