Warnungen und Protest

ATOM II Bei einer Anhörung im Bundestag äußern Fachleute Sicherheitsbedenken gegen längere Laufzeiten. Gegner planen am Wochenende Demonstrationen, Kirche kündigt Klage gegen Gorleben an

BERLIN dpa/dapd/taz | Mehrere Sachverständige haben im Umweltausschuss des Bundestags Sicherheitsbedenken bei längeren Atomlaufzeiten geäußert. Eine vollständige Behebung der Mängel bei einem alten Kraftwerk wie Biblis A in Hessen werde nicht gelingen, sagte der Geophysiker Lothar Hahn am Donnerstag bei einer Anhörung zur Änderung des Atomgesetzes. Der Bundestag entscheidet hierüber am 28. Oktober. Es soll vom 1. Januar 2011 an gelten und sieht im Schnitt 12 Jahre längere Laufzeiten vor.

Schon durch den rot-grünen Atomausstieg seien wichtige Nachrüstungen ausgeblieben, betonte Hahn. Da Biblis A nun dennoch 8 Jahre länger laufen soll, würden angesichts der oft mehrjährigen Nachrüstdauer nur einzelne Maßnahmen ergriffen werden können. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber bilanzierte angesichts der Ausführungen: „Die ältesten Atomkraftwerke sind nicht mehr voll nachrüstbar, wichtige Sicherheitselemente werden dauerhaft fehlen“.

Während der Anhörung protestierten Mitglieder des Online-Netzwerks Campact mit großen Luftballons gegen die geplante Laufzeitverlängerung. „Die Bundesregierung setzt mit den Laufzeitverlängerungen für die alternden Atomkraftwerke die Sicherheit von Millionen Menschen aufs Spiel“, sagte ein Sprecher. „Doch für die Expertenanhörung zu einem so weitreichenden Gesetz nimmt sich der Bundestag gerade einmal vier Stunden Zeit.“

Weitere Aktionen sind an diesem Samstag geplant: An über 100 Stellen entlang möglicher Atommüll-Transportstrecken, darunter auch in Biblis, werden zwischen 10.000 und 20.000 Teilnehmer auf die ungelöste Frage der Lagerung von radioaktivem Müll aufmerksam machen, teilten die Organisatoren am Donnerstag in Stuttgart mit. Eine Übersicht ist unter www.castor-strecken-aktionstag.de zu finden. Die Aktionen gelten als Vorbereitung auf den Castor-Transport, der am 5. November vom französischen La Hague nach Gorleben startet.

Gegen die Weitererkundung des dortigen Salzstocks als atomares Endlager hat unterdessen nach der Umweltschutzorganisation Greenpeace auch die Evangelische Landeskirche Hannovers juristische Schritte eingeleitet, um sich „mit allem Nachdruck für die Bewahrung und verantwortliche Bebauung der Schöpfung einzusetzen“. Die Kirchengemeinde Gartow besitzt Grundstücke im Erkundungsgebiet und Abbaurechte für die dortigen Salzvorkommen.