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Archiv-Artikel

Höhere Löhne für weichere Währungen

G 20 Auf dem Treffen der Finanzminister der G 20 in Südkorea stehen diesmal Wechselkursfragen oben auf der Agenda. Die USA wollen den ausgebrochenen Streit durch einen neuen Außenhandelspakt entschärfen

Die Gruppe der 20

■  Die Gruppe der 20 (G 20) ist ein Forum der stärksten Industrienationen und aufstrebenden Volkswirtschaften. Der Zusammenschluss repräsentiert zwei Drittel der Weltbevölkerung, rund 90 Prozent der globalen Wirtschaftskraft und vier Fünftel des weltweiten Handels. Ihre Beschlüsse haben globalen Einfluss. So mobilisierte die G 20 nach der Finanz- und Wirtschaftskrise milliardenschwere Konjunkturpakete. Seit einem Gipfeltreffen im November 2008 in Washington arbeiten die Mitglieder an einem Fahrplan für eine neue Weltfinanzordnung.

■  An dem Treffen an diesem Wochenende nehmen die Finanzminister und Zentralbankchefs teil. Am 11. und 12. November versammeln sich dann zum Gipfel in Seoul die Staats- und Regierungschefs. Hinzu kommen die Spitzen der UN, der Weltbank und des IWF. (dpa)

VON NICOLA LIEBERT

Der Währungsstreit, der vor allem zwischen den USA, der EU und China tobt, wird derzeit im südkoreanischen Ort Gyeongju ausgefochten. Dort sind gestern die Finanzminister der 20 größten Industrie- und Schwellenländer zusammengekommen, um den G-20-Gipfel Mitte November in Seoul vorzubereiten. Dabei soll es unter anderem um die Finanzreformen zur Verhinderung erneuter Finanzkrisen, um die Stimmrechtsreform im Internationalen Währungsfonds (IWF) und um eine koordinierte Wachstumspolitik gehen.

Das zentrale Thema des Treffens dürfte aber einmal mehr der Vorwurf der USA sein, China würde seine Währung künstlich billig halten und auf diese Weise die Welt mit unschlagbar günstigen Waren überschwemmen – zulasten der amerikanischen Konkurrenz. Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verteidigen, haben die USA damit begonnen, ihrerseits den Dollarkurs zu drücken. Und selbst Schwellenländer wie Brasilien kämpfen inzwischen darum, ihre Währungen ja nicht aufwerten zu lassen. Die Finanzminister der G 20 wollen nun einen Abwertungswettlauf zu verhindern, wie es ihn schon einmal in den 1930er Jahren gegeben hat.

Die Bundesregierung hingegen verteidigt eisern ihre Exportstrategie

Im Vorfeld des G-20-Finanzministertreffens hat US-Finanzminister Timothy Geithner nun einen überraschenden Vorschlag vorgelegt. Der Streit über die Wechselkurse soll einfach dadurch entschärft werden, dass die dahinter stehenden globalen Handelsungleichgewichte bekämpft werden. Dazu sollen die Handelsüberschussländer – in erster Linie China und Deutschland – ihre heimische Nachfrage stärken und sich so unabhängiger vom Export machen. Die Regierungen hätten dann auch mehr politischen Spielraum. China etwa müsste nicht unbedingt seinen Yuan abwerten, wie bislang von Washington gefordert, sondern könnte auch zu Lohnerhöhungen oder Steuersenkungen greifen. Neu ist, dass die USA nun nicht mehr alle Verantwortung an China abschieben. Im Gegenzug müssten laut Geithner nämlich die Defizitländer – also vor allem die USA – mehr sparen, um ihren Importhunger zu drosseln, und stattdessen ihre Exporte fördern. Und damit es nicht bei vagen Versprechungen bleibt, will Geithner konkrete Ober- und Untergrenzen definieren. Sobald die Handelsbilanzüberschüsse oder die Defizite diese Grenzen überschreiten, würden die Regierungen zum Gegensteuern verpflichtet. Überwacht würden Überschuss- und Defizitgrenzen durch den Internationalen Währungsfonds.

Schon zuvor hatte die chinesische Regierung sich zu einem gewissen Entgegenkommen bereit erklärt und ließ den Yuan gegenüber dem US-Dollar seit September um fast 2,5 Prozent aufwerten. Weil sie selbst die Grenzen des Exportbooms sieht, will sie zudem den Handelsüberschuss von derzeit 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts unter 4 Prozent drücken. Die Bundesregierung dagegen verteidigt eisern ihre Exportstrategie. „Eine makroökonomische Feinsteuerung und quantitative Zielsetzungen sind aus unserer Sicht nicht der richtige Weg“, so Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, der den erkrankten Finanzminister Wolfgang Schäuble vertrat.

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