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Archiv-Artikel

Hilfe, die Rechten kommen

Die Anti-rechts-Initiative MBR schult Politiker für den Umgang mit der NPD in den Bezirksparlamenten. Die Nazis höhnen unterdessen im Internet

Wenige Wochen vor der Konstituierung der Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) wappnen sich die Parteien für den zukünftigen Umgang mit der NPD und den Republikanern. Die Initiative Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) wird für die Politiker Schulungen und Infoveranstaltungen durchführen. Die NPD konnte im Bündnis mit der DVU bei der Bezirksverordnetenwahl am 17. September in die Parlamente von Marzahn, Lichtenberg, Treptow-Köpenick und Neukölln einziehen, die „Republikaner“ in die Pankower BVV.

„Wir haben durch die Bank von allen Parteien Interesse an Informationen über den Umgang mit der NPD signalisiert bekommen“, sagt Esther Lehnert von der MBR. Bereits am gestrigen Abend trafen Mitarbeiter sich mit dem Landesverband der Grünen und denjenigen Parteimitgliedern, die zukünftig in den BVV den Rechtsextremen gegenübersitzen werden. Heute werden sie mit dem August-Bebel-Institut eine Infoveranstaltung für die SPD moderieren. In der nächsten Woche wollen sich die bisherigen Fraktionsvorstände der fünf betroffenen Bezirke mit dem Senatsbeauftragten für Integration und Migration, Günter Piening, hinter verschlossenen Türen treffen.

„Das sind Auftaktveranstaltungen, die erst mal einen Überblick vermitteln sollen“, so Lehnert. Informationen über Akteure und Propagandaintentionen der Rechten, Erfahrungsberichte aus Sachsen und Brandenburg oder ganz praktische Fragen sollen angesprochen werden: Wie reagiert man auf Anträge der NPD? Wie kann dem Bürger das Fehlen von Lösungsansätzen rechtsextremer Politik vermittelt werden? „Geschlossenheit, verabredetes Vorgehen und demokratisches Auftreten sind enorm wichtig“, so Lehnert.

Daneben beginnt sich manch Bezirkspolitiker auch individuell gegen die braunen Kollegen vorzubereiten. „Ich habe mich über das Internet über die NPD- und DVU-Leute bei uns informiert“, sagt Christian Petermann, PDS-Bezirksverordneter aus Lichtenberg. Er plädiert für Absprachen mit den anderen Parteien: Manch Rede der Nazis müsse schlicht ignoriert werden. Ganz genau wie deren Verursacher: „Es sollte keiner mit den NPD-Leuten in der Ecke stehen und Witze erzählen.“ Auf der konstituierenden Sitzung der PDS Lichtenberg am Montag werde der Einzug der drei NPD-Abgeordneten dort einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte sein.

Heinz Wagner, Neuköllner Sprecher der Grünen, setzt im Umgang mit den Rechten auf Formales. „Man muss sehen, was die Geschäftsordnung hergibt. Im extremen Fall muss man die NPDler einfach rausschmeißen.“ Daneben plädiert der Politikwissenschaftler dafür, reihum aus jeder Partei ein geschultes Mitglied zu benennen, das die NPD bei möglichen Eskapaden verbal abkanzelt. Ein Vorschlag, den auch die MBR anregt.

Die SPD setzt ebenfalls auf parteiübergreifende Geschlossenheit. „Wir werden verhindern, dass ein Herr Voigt in den Parlamenten seine platten Parolen breitwälzen kann“, sagt Gabi Schöttler, neugewählte SPD-Bürgermeisterin in Treptow-Köpenick. Viele der NPD-Kandidaten seien keine kleinen Fische, sondern langjährige rechtsextreme Kader, warnt sie. So sitzen zukünftig mit Jörg Hähnel und Udo Voigt ein gestandener Kameradschaftsaktivist und der NPD-Bundesvorsitzende in der BVV. Schöttler lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Wir haben doch keine Angst vor denen. Schließlich sitzt mancher von uns schon seit 16 Jahren im Parlament.“ Notfalls müsse man sich halt juristisch gegen die Nazis wehren.

Für die CDU ist die ganze Aufregung um die NPD bereits ein Ärgernis. Schulungen werde es für die CDU nicht geben. „Umso mehr Aktionismus wir an den Tag legen, umso mehr werten wir die doch auf“, schimpft Oliver Scholz, CDU-Kreisvorsitzender in Treptow-Köpenick. „Wir müssen uns vorrangig um die Wähler kümmern, die diese Parteien gewählt haben.“

Doch der Konflikt in den BVVs ist vorprogrammiert: Im Internet zeigt sich die NPD bereits kampfeslustig: Als „lächerlich“ und „hilflos“ bezeichnet sie die Schulungen ihrer demokratischen Kontrahenten. KONRAD LITSCHKO