: „Ich möchte hier keinen Stern haben“
AUSZEICHNUNG Ex-Sternekoch Wolfgang Pade aus Verden hat genug von Michelin
Jahrzehntelang kochte er auf Sterne-Niveau, eine Zeit lang sogar in Eckart Witzigmanns legendärer „Aubergine“ in München. Und auch als Wolfgang Pade 1992 in Verden sein eigenes Restaurant mit dem schlichten Namen „Pades“ aufmachte, zeichnete ihn der Guide Michelin regelmäßig mit einem Stern aus. Bis 2010. „Das Ziel war gar nicht, unbedingt einen Stern zu bekommen“, erzählt Pade. „Der Stern kam nach eineinhalb Jahren, und als er da war, wollten wir ihn auch nicht wieder loswerden.“ Fürs Erste jedenfalls. So ein Stern bringt ja nicht nur Ruhm, sondern auch Kundschaft. Auf manche Menschen wirkt er aber offenbar auch abschreckend.
Zugleich hatte Pade nebenan ein Bistro mit einfacherer Küche eröffnet. „Das lief super“, sagt er. Dann seien die Nullerjahre gekommen, „und es kippte: Das Konsumverhalten und die Einstellung zum Essengehen wandelten sich komplett“. Statt Fünf-Gänge-Menüs mit schickem Bordeaux nahmen die Leute lieber zwei reelle Gänge.
Pade musste feststellen, dass sein Bistro dem Restaurant Konkurrenz machte: „Selbst bei Weihnachtsfeiern oder Konfirmationen wollten die Leute ein Menü nach der Bistrokarte haben. Ich hab mir die Zahlen angeschaut und mich gefragt, für wen ich das mache, wenn alle Bistro wollen.“ Er hat sich entschieden, das Beste aus Bistro und Restaurant zu nehmen und auf einer Karte eine Linsensuppe neben einer teuren Seezunge zu haben.
Seitdem hat das „Pades“ keinen Stern mehr. Zurückgegeben hat Pade den allerdings nicht. Das sei unmöglich, erfuhr er von der Redaktion. Den müsse der Guide Michelin einziehen. Heute wird „Pades“ in der Kategorie „Bib Gourmand“ geführt, die sorgfältig zubereitete Speisen in einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis honoriert. Dabei stehen zum Teil die gleichen Gerichte wie zu Sternezeiten auf der Karte – teurer als früher, weil die Zutaten teurer geworden sind. „Jetzt kommen die Leute teilweise mit 90 Personen und wollen hier feiern, weil es ja nicht mehr ,der arrogante Sterneladen‘ ist.“
Und wenn die Guide-Michelin-Tester sein neues Konzept wieder für sternwürdig befänden? „Nach allem, was ich weiß, glaube ich nicht, dass das neue Konzept für einen Stern gut wäre“, meint Pade. „Ich will nicht Hummer, Rinderfilet, Trüffel und Kaviar haben müssen“, sagt Pade – und das müsse man wohl, wenn man einen Stern wolle.
Michelin habe ihm zwar gesagt, dass er theoretisch auch Schweinebraten auf einem Holzbrett servieren und einen Stern bekommen könne, das glaubt er aber nicht: „In Deutschland ist mir so ein Fall jedenfalls nicht bekannt.“ Und wenn die Michelin-Kritiker drauf bestünden? „Ich würde versuchen, ihn abzulehnen. Ich weiß nicht, wie das geht – aber ich möchte hier keinen Stern haben.“ANDREAS SCHNELL
Restaurant „Pades“, Grüne Straße 15, Verden, www.pades.de