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Archiv-Artikel

[moskito]

Die Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus und für Demokratie und Vielfalt in Pankow

[moskito]

Nähere Informationen zu einigen der im Artikel genannten Projekte finden sich im Internet unter:

pankow-normal-anders.de

pankower-register.de

vielfalt-in-pankow.de

Es geschah im Mai des vergangenen Jahres: Zwei Mütter mit Migrationshintergrund werden in der M 13 von zwei weißen Männern rassistisch beleidigt. Ein Mann, selbst Migrant, schreitet ein, bekommt einen Tritt gegen den Hinterkopf und wehrt sich erfolgreich gegen einen weiteren Angriff mit Baseballschlägern. Als die Täter flüchten wollen, verständigt der Fahrer der Straßenbahn die Polizei, doch die Angreifer können entkommen.

Den Vorfall in der M 13 dokumentierte die „Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus – für Demokratie und Vielfalt“, die ebenfalls den klingenden Namen [moskito] trägt, in ihrem „Pankower Register“. Mithilfe des Registers werden seit 2005 rassistische, rechtsextremistische, antisemitische und homophobe Vorfälle, Propaganda und Angriffe in dem Berliner Bezirk Pankow dokumentiert.

Fei Kaldrack, seit 2008 Mitarbeiterin in der Netzwerkstelle, lobte in einem Gespräch mit der taz das Engagement des Fahrgastes und des Tramfahrers. Menschen zu ermutigen, sich wie die beiden Männer einzuschalten, wenn Menschen bedroht oder diskriminiert werden, ist eine der vielen Aufgaben der Netzwerkstelle. „Wir wollen der Kultur des Wegschauens entgegentreten und gleichzeitig demokratische Lebensräume schaffen“, erklärte Kaldrack.

Die Netzwerkstelle im Berliner Nordosten gibt es seit 2005 und ging aus dem vom Bund finanzierten Civitas-Programm hervor. Im Rahmen des Projekts wurden in den neuen Bundesländern und den Ostberliner Bezirken Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt sowie Netzwerkstellen gegen Rechtsextremismus gegründet. Die Netzwerkstellen sollten dabei in kleineren Stadträumen arbeiten, um besser auf den Bedarf und die Akteure an den jeweiligen Orten eingehen zu können. Auch in Lichtenberg gibt es eine solche Netzwerkstelle. „Wir wissen, was im Kiez passiert, und kennen die Akteure. So können wir uns effektiver einschalten“, resümierte Kaldrack.

Die Netzwerkstelle dient als Anlaufpunkt für alle BürgerInnen des Bezirks, die sich für Demokratie und Vielfalt engagieren, Projekte gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung initiieren wollen, Beratungsbedarf haben oder Fortbildungen zu den Themenbereichen suchen. So können sich LehrerInnen, die im Unterricht mit rassistischen Äußerungen konfrontiert werden, genauso an die Netzwerkstelle [moskito] wenden wie Opfer und Zeugen von diskriminierenden Vorfällen und Angriffen.

Zudem organisiert [moskito] gemeinsam mit den AnwohnerInnen Zukunftswerkstätten und bietet Fortbildungen für Jugend- und SozialarbeiterInnen an. „Es geht darum, die Perspektive von Betroffenen allgemein zugänglich zu machen“, erklärte Kaldrack.

Wichtig ist natürlich auch die Vernetzungsarbeit. Neben der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin und der Opferberatungsstelle ReachOut arbeitet die Netzwerkstelle auch eng mit der Initiative „Wir sind Pankow – tolerant und weltoffen“ zusammen, wo sie sich um die Koordinierung kümmert. Die Initiative hatte sich wegen der hitzigen Kontroverse um einen Moscheeneubau in Pankow-Heinersdorf 2006 gegründet.

In den vergangenen Jahren hat die Netzwerkstelle eine ganze Reihe Projekte gestartet, zum Beispiel ein Stolperstein-Patenschaftsprojekt für die bekannten goldenen Pflastersteine und unter anderem das besagte „Pankower Register“, eine Chronik rassistisch, antisemitisch, homophob oder rechtsextrem motivierter Vorfälle. Dadurch soll ein Bild des Klimas im Bezirk erstellt werden, um Problemlagen frühzeitig erkennen und effektiv eingreifen zu können.

2010 verzeichnete das Pankower Register eine leichte Zunahme von Vorfällen. Vor allem im Ortsteil Pankow-Weißensee wurden vermehrt rechtsextreme Propaganda, aber auch Bedrohungen und Angriffe gemeldet, die sich insbesondere gegen alternative und linke Menschen und Projekte richteten.

Zurzeit bereitet die Netzwerkstelle gemeinsam mit der Initiative „Wir sind Pankow: tolerant und weltoffen“ und in Kooperation mit der Bezirksverordnetenversammlung die Ehrung für Zivilcourage vor. Nach dem Vorfall in der M 13 war für das [moskito]-Team klar, dass Menschen, die für andere einstehen, geehrt werden müssten. Ab diesem Jahr werden Menschen, die Zivilcourage zeigen, mit einer Urkunde ausgezeichnet. Wenn Sie eine Person in Pankow kennen, die 2010 bei einem Angriff oder diskriminierenden Vorfall mutig eingegriffen und Zivilcourage gezeigt hat, informieren Sie bitte die Netzwerkstelle.

[moskito] ist aber auch dankbar über jede Meldung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle, Propaganda und Angriffe in Pankow, um andere Menschen für die Vorfälle im Bezirk zu sensibilisieren.

Für Aktionen und Veranstaltungen werden engagierte Menschen gebraucht. Auch eigene Projekte können im Rahmen von [moskito] angegangen werden. „Nur durch kontinuierliche Arbeit kann die Demokratie im Bezirk gestärkt werden“, bemerkte Kaldrack dazu. LUKAS DUBRO