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Archiv-Artikel

Digitale Frühgeburt

NETZ Kaum geboren, schon online: Mehr als zwei Drittel aller Eltern posten Fotos ihrer Babys

Mal sehen, was diese wahren „Digital Natives“ in 15 Jahren davon halten

Jeder Facebook-Nutzer kennt das: Sobald Freunde dort Vater oder Mutter werden, werden schon kurz nach der Geburt erste Babyfotos im sozialen Netzwerk gepostet. Noch vorfreudigere werdende Eltern kündigen das Ereignis sogar mit Schwangerschafts- und Ultraschallfotos an. Eine „digitale Geburt“, von der der oder die Hauptbetroffene nichts weiß.

Eine Studie der Internetsicherheitsfirma AVG bestätigt den Trend: In Deutschland haben 71 Prozent der befragten Eltern zugegeben, dass es schon vor dem zweiten Geburtstag ihres Kindes einen „digitalen Fußabdruck“ von ihm gibt. Und das liegt noch 10 Prozentpunkte unter dem internationalen Durchschnitt der Studie, für die 2.200 Mütter in zehn Ländern befragt wurden. In den USA erscheinen 92 Prozent der Babys schon vor ihrem zweiten Geburtstag im Netz. Manchen Eltern (5 bis 7 Prozent) ist das noch nicht genug: Sie kreieren für ihr Kind gleich eine ganze Online-Identität – mit E-Mail-Adresse oder/und Facebook-Profil.

Befragt wurden die Eltern auch zu ihren Motiven: 70 Prozent geben an, damit nur ihre Freude mit Freunden und Verwandten teilen zu wollen. 22 Prozent sagen, sie hätten die Fotos gepostet hat, um mehr Content auf ihrer Facebook-Seite zu haben. Und 18 Prozent begründen die Babyfotos damit, dem sozialen Druck ihrer Facebook-Freunden nachgegeben zu haben.

Nun ist es im Netz bekanntlich so: Wenn die Babyfotos erst mal online stehen, ist es kaum noch möglich, sie zu löschen. Und es ist vollkommen ungeklärt, welche Spätfolgen die Frühveröffentlichung solcher Babyfotos hat. Niemand weiß genau, wie begeistert die Kinder davon später sein werden. Oder inwiefern Facebook die knuffigen Fotos später für Werbezwecke verwenden kann. Oder – noch schlimmer: Theoretisch könnten die Fotos zu Entführungen führen oder gar Pädophile interessieren.

Aber daran wollen die Eltern nicht denken. Laut der Studie sind die meisten nur mittelmäßig beunruhigt. Mal sehen, was diese wahren „Digital Natives“ in 15 Jahren davon halten. Dann können sie nämlich zumindest schon sprechen. MARLENE GOETZ