: Alles neu macht der Frey
Designierter Generalintendant des Bremer Theaters setzt auf Gruppenspieler, flache Hierarchien und Anglizismen. Das Schauspiel-Profil soll Christian Pade als „Stage Director in Residence“ schärfen
von Benno Schirrmeister
Das Ende des Bremer Theaters fällt nicht zusammen mit dem Ende der Ära Klaus Pierwoß. Das hat dessen designierter Nachfolger auf dem Posten des Generalintendanten, Hans-Joachim Frey, gestern unmissverständlich klargestellt: „Dies soll ein Zeichen des Aufbruchs sein“, so der 41-Jährige gestern bei der Präsentation seines 14-köpfigen Leitungs-Teams. Für seinen Plan, das Traditionshaus zum „Internationalen Kulturforum“ auszubauen, setze er auf „Teamgeist“, so Frey „und flache Hierarchien“.
Offenbar ist das mehr als eine leere Floskel. Das unterstrich nicht zuletzt der künftige „Stage Director in Residence“, Christian Pade – indem er Freys Hang zu Anglizismen frotzelnd aufgriff: Er halte viel von der deutschen Sprache, so der Regisseur. Deshalb bezeichne er sich lieber „Gruppenspieler denn als Teamplayer“.
Als Hausregisseur soll der Wahl-Hamburger künftig zwei Inszenierungen pro Spielzeit abliefern. Während er an der Weser noch nicht gearbeitet hat, ist er an den wichtigen Bühnen Norddeutschlands ein gern gesehener Gast: Für bundesweites Aufsehen hat er zumal mit seinen Dramatisierungen von Romanen fürs Schauspiel Hannover gesorgt – „Schwarze Spiegel“ von Arno Schmidt, zum Beispiel, oder jüngst, unter dem Titel „Holzfällen“, Thomas Bernhards „Alte Meister“. Literatur für die Bühne zu erschließen sei aber kein Selbstzweck, so der 1962 geborene Theatermacher. Generell komme es ihm darauf an, „Stücke zu machen, die mit mir und mit dem Jetzt zu tun haben“.
Die Berufung eines Schauspieldirektors ist der offensichtlichste Unterschied zu Pierwoß’ Art das Haus zu führen: Der hatte auf die profilbildende Maßnahme stets verzichtet, weil durch einen Stamm von Gastregisseuren die Vielfalt dramaturgischer Ansätze gestärkt werde. Frey stärkt dafür die jüngere Generation: Älter als 40 Jahre sind lediglich Pade und der Intendant selbst. Zugleich stehen die Thirty-Somethings, die künftig fürs Bühnengeschehen verantwortlich sind, für eigene künstlerische Standpunkte – und einen gemeinsamen Fokus. Der heißt: Gegenwartstheater. So hat sich das Theaterhaus Jena unter der Führung von Marcel Klett – den Frey als leitenden Schauspieldramaturgen gecastet hat – zu einer der Top-Adressen für zeitgenössisches Schauspiel entwickelt. Und der künftige Bremer Chefdramaturg Hans-Georg Wegner, ist nicht nur Spezialist für die Oper des 20. Jahrhunderts – er hat auch selbst Libretti verfasst. Man solle die Aufführungen besuchen, „solange das Bremer Theater noch in dieser Qualität zu erleben ist“, so hatte Pierwoß zumal mit Blick auf die Oper seine letzte Saison beworben. Man hatte das für bemerkenswert schlechten Stil gehalten. Aber vielleicht war ja gemeint, dass Besserung in Sicht ist.
Mehr Gewicht, das lässt sich dem Personal-Tableau entnehmen, sollen unter Frey nicht nur Marketing und Fundraising-Aktivitäten bekommen. Ausgebaut wird auch die Kinder und Jugendsparte: Neben Rebecca Hohmann, die künstlerische Leiterin des moks bleibt, wird Iris Mundhenke den neu geschaffenen Bereich „Education“ betreuen. „Ein offenes Haus für die ganze Familie“ schwebt Frey da vor. Nach englischem Vorbild: Dort erhalten Bühnen nur Subventionen, wenn sie intensive und nachhaltige Jugendarbeit nachweisen.