ASTRID GEISLER ÜBER DEN RÜCKTRITT DES NSA-AUSSCHUSSVORSITZENDEN
: Binninger zwischen den Fronten

Der CDU-Mann sollte Snowdens Ladung vorantreiben, die er selbst für falsch hält

Der NSA-Untersuchungsausschuss beginnt mit einem kolossalen Fehlstart. Der Vorsitzende Clemens Binninger (CDU), ein parteiübergreifend respektierter Innenpolitiker, tritt völlig unerwartet noch vor der zweiten Sitzung entnervt zurück – und liefert dafür nur unbefriedigende Gründe. Die angeblich drohende Interessenkollision mit seinem Posten als Chef des Parlamentarischen Kontrollgremiums musste er als erfahrener Geheimdienstfachmann eigentlich kommen sehen. Und auch das Oppositionsprojekt, den Whistleblower Edward Snowden mit Hilfe des Ausschusses nach Deutschland zu lotsen, war kein Geheimunterfangen. Im Gegenteil: Bei jeder Gelegenheit breitete der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele detailfreudig aus, wie er die Snowden-Nummer von der ersten Sitzung an durchziehen wolle.

Womöglich hatte Binninger gehofft, der junge Grünen-Obmann Konstantin von Notz würde defensiver vorgehen als der alte Einzelkämpfer Ströbele. Doch das war ein Irrtum. Durch seinen überstürzten Rückzug heizt Binninger die von ihm beklagte Konfrontation mit der Gegenseite im Ausschuss zusätzlich an.

Die These, Binninger sei von ganz oben unter Druck gesetzt worden, bleibt Spekulation, bis der erste Beweis vorliegt. Fest steht aber: Dem CDU-Mann blühte als Ausschusschef die politisch hochbrisante Aufgabe, eine Ladung Snowdens vorantreiben zu müssen, die er selbst für grundfalsch hält. Dabei drohte er obendrein, zwischen die Fronten zu geraten: hier die Kanzlerin und deren Sorge um die transatlantische Partnerschaft, die Geheimdienste mit ihrem Informationsbedarf aus den USA – und dort die Opposition, die ihn im Zweifelsfall zum Dank noch als Blockierer vorgeführt hätte. Verständlich, dass Binninger darauf wenig scharf war. Unverständlich, wieso er den Posten als Ausschusschef dann überhaupt übernahm.

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