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Archiv-Artikel

JOST MAURIN ÜBER DIE UN-KONFERENZ VON NAGOYA Netter Versuch

Auf den ersten Blick ist das nach jahrelangen Verhandlungen ein großer Fortschritt: Endlich haben die meisten Staaten der Erde bei ihrer Konferenz im japanischen Nagoya ein Abkommen beschlossen, wie sie künftig die Gewinne aus der Nutzung genetischer Ressourcen verteilen wollen. Doch bei näherem Hinsehen stellt sich heraus: Auch künftig werden wohl kaum Ureinwohner Geld bekommen, wenn ein Konzern etwa aus ihren Pflanzen Medikamente herstellt. Denn der Vertrag über den „Zugang zu genetischen Ressourcen und den gerechten Vorteilsausgleich“ ist zu vage und harmlos.

Zwar schreibt er vor, dass zum Beispiel Pflanzen afrikanischer Regionen nur mit Zustimmung der Ureinwohner und lokalen Bevölkerung genutzt werden dürfen. Aber wer genau sind „Ureinwohner“ oder „lokale Bevölkerung“? Reicht es, einige angeblich legitimierte Vertreter zu überzeugen, obwohl die Mehrheit gegen die Nutzung ist? Die Erfahrung bei Landverkäufen in Afrika zeigt, dass Konzerne sich ihnen genehme Verhandlungspartner suchen, diese oft sogar bestechen.

Das ist nur ein Beispiel, wie sich der eigentlich vernünftige Geist des Vertrags aushebeln lässt. Fraglich ist auch, ob die Vertragsstaaten die Regeln überhaupt konsequent in nationales Recht umsetzen werden. Die Vereinbarung enthält noch nicht einmal eine Frist dafür. Von Sanktionen bei Verstößen gegen den Vertrag ganz zu schweigen.

Die Machtverhältnisse sprechen eher dafür, dass viele Staaten den Spielraum nutzen werden, damit Ureinwohner leer ausgehen. In den Industrieländern gibt die Lobby der Pharmafirmen den Ton an, in Entwicklungsländern die herrschende Elite, die zu oft nicht die Interessen der Indigenen vertritt. Deshalb ist der Vertrag zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber eben ein sehr kleiner.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 9