Neuer Fehler im Pannenreaktor

AKW Forsmark: Nach Routinetest abgeschaltet. Stromversorgung funktioniert immer noch nicht

AKW-Betreiber: „Bisher haben wir den Fehler noch nicht gefunden“

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Am 25. Juli dieses Jahres schlitterte er knapp an einer Kernschmelze vorbei, vor zwei Wochen ging der schwedische Reaktor Forsmark 1 wieder ans Netz. Und seit Mittwoch – so wurde gestern bekannt – steht er nun wieder still. Nach Angaben des Betreibers Vattenfall hat sich bei einem „Routinetest“ eine Panne ereignet.

Zunächst sei alles normal gelaufen, als die Stromversorgung des Reaktors bei dem Test teilweise abgeschaltet worden war. Es habe die „erwartete teilweise Schnellabschaltung“ gegeben, so erklärte Vattenfall. Danach sei es aber nicht mehr gelungen „den Reaktor planmäßig wieder in Gang zu setzen“. Bisher sei der Fehler, der den Neustart verhindert habe, „noch unbekannt“, so sagte Forsmark-Sprecher Peter Jansson.

Die Ingenieure hätten aber trotzdem einen neuen Anfahrversuch gemacht. Dabei sei das automatische Schnellabschaltungssystem des Reaktors auch in Gang gekommen. Die Bedienungsmannschaft habe dann allerdings eingegriffen und eine manuelle Schnellabschaltung vorgenommen.

„Es ist wie verhext“, klagte Forsmark-Sprecher Claes-Inge Andersson schon vor einigen Tagen. Denn: Vattenfall versucht nicht nur erfolglos den Reaktor 1 wieder in Betrieb zu nehmen, sondern auch Reaktor 2. Forsmark 2 war im Juli vorsorglich mit abgeschaltet worden, weil er die gleichen Konstruktionsmängel aufweist wie der Pannenreaktor. Gleichzeitig mit Reaktor 1 erhielt er erst Ende September wieder eine Betriebserlaubnis. Dann musste er aber wegen eines Fehlers im Überwachungssystem und anschließend wegen eines Lecks im Kühlsystem nach kurzem Probebetrieb wieder vom Netz. Nun hofft der Betreiber ihn bis zum Wochenende wieder in Betrieb nehmen zu können.

Die jüngste Panne im Reaktor 1 ist gravierend. Sie steht mit einer Fehlfunktion der äußeren Stromversorgung in Verbindung – genau wie der Störfall am 25. Juli dieses Jahres. Er hatte zu einem 22 Minuten langen Black-out geführt. Danach hat Vattenfall die technischen Anlagen umgebaut. Diese Maßnahmen sollten eigentlich das Sicherheitssystem bei einem äußeren Stromausfall stabilisieren. Und die staatliche Atomsicherheitsbehörde SKI hatte die Genehmigung für ein Wiederanfahren des Unglücksreaktors davon abhängig gemacht.

Auf den neuen Fehler hat die SKI bis Donnerstagnachmittag noch nicht reagiert. Dabei hatte die Behörde zuvor angekündigt, Forsmark unter „besondere Aufsicht“ stellen zu wollen. Der „Störfall“ vom 25. Juli hatte nach Meinung des SKI neben technischen Fehlern auch viele personelle und organisatorische Mängel enthüllt. „Von Eigentümerseite wird im Prinzip die gesamte Sicherheitskultur“ eines AKW gesteuert, hatte ein SKI-Sprecher erklärt – und eine lange Liste mit Kritikpunkten am Eigentümer Vattenfall und der Betreiberfirma Forsmark präsentiert. Demnach fehlten Instruktionen für das Personal, und Kontrollroutinen waren mangelhaft.

Auch hatte das SKI bemängelt, dass Vattenfall den außer Kontrolle geratenen Reaktor im Juli nicht unmittelbar, sondern erst nach 30 Stunden abgestellt hatte. „Wenn die Lage so unsicher ist und man nicht weiß, was passiert ist“, so sagte SKI-Chefin Judith Melin, „ist alles andere als eine Kaltabstellung des Reaktors nicht vorschriftsgemäß.“