Autos sollen mit Stroh fahren

Bisher werden Biokraftstoffe vor allem aus Raps gewonnen, künftig sollen auch andere Pflanzen in den Tank. Dabei ist der ökologische Nutzen noch umstritten

BERLIN taz ■ Ob Stroh, Altholz, Klärschlamm oder Tiermehl – in jeder Art von Biomasse steckt wertvolle Energie, die genutzt werden kann. Ein neues Verfahren macht es möglich, aus den verschiedensten Rohstoffen sogenannten „Biomass to Liquid“-(BtL)-Kraftstoff zu gewinnen. Die Automobilbauer DaimlerChrysler und VW wollen die Weiterentwicklung vorantreiben, fordern dafür aber klare politische Signale.

„Die Steuerbefreiung für BtL muss über 2015 hinaus weiterbestehen“, erklärte Dr. Wolfgang Steiger, Leiter der Antriebsforschung bei VW, bei einem Kongress in Berlin. Bis gestern debattierten gut 300 Fachleute auf einer Tagung über Kraftstoffe der Zukunft. Veranstalter waren das Bundeslandwirtschaftsministerium, die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FnR) sowie die Autokonzerne Daimler Chrysler und VW.

Beim BtL wird aus Biomasse Gas gewonnen und verflüssigt. Bisher wird Biodiesel vor allem aus Rapsöl gewonnen. Bei diesen Bio-Kraftstoffen der ersten Generation ist ein Umbau des Motors notwendig. Nicht so bei BtL: Tests haben ergeben, dass der neue Kraftstoff mit gewöhnlichen Motoren getankt werden kann. Zudem wird die ganze Pflanze genutzt. Die Qualität soll immer gleich sein – unabhängig vom Rohstoff.

Bisher bringen die Hersteller die neuen Kraftstoffe noch nicht auf den Markt. Ihn gibt es bislang lediglich in „Liebhabermengen“, die von der Autoindustrie bei Tests verwendet werden. Grund: Ein Liter kostet 90 Cent in der Herstellung. Den ersten Schritt zur Massenproduktion geht jetzt aber die Firma Choren im sächsischen Freiberg. Sie eröffnet nächstes Jahr eine Anlage, in der 15.000 Tonnen pro Jahr erzeugt werden können. „BtL wird aber sicherlich nicht vor 2010 eine Rolle spielen“, schätzt Dr. Andreas Schütte von FnR. Reinen BtL-Kraftstoff wird man auch dann noch nicht bekommen, begonnen wird mit einer Beimischung.

Biokraftstoffe sind CO2-neutral: Von dem Klimagift wird nur so viel ausgestoßen, wie die Pflanze beim Wachstum aufgenommen hat. Trotzdem ist der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisch. „Unsere beschränkten Mengen an Biomasse können effizienter für die Wärme- und Stromproduktion genutzt werden“, erklärte Energiereferent Thorben Becker der taz.

Sowohl der BUND als auch VW sprechen sich für eine Zertifizierung von Biosprit aus, die ökologische und soziale Aspekte berücksichtigt. Denn: Bislang fallen unter den Begriff Biodiesel zum Beispiel auch Treibstoffe aus Palmöl. Für diese, so meinen die Umweltschützer und Vertreter des Autokonzerns, werde mit der Abholzung von Urwald ein zu hoher Preis gezahlt.

ELISABETH SCHERER