: Was aus dem Wasserfall wurde
AUS DER TAZ Nach der sonntaz-Enthüllung diskutiert Berlin über die Geheimverträge der Wasserbetriebe
Die Berliner Landespolitik diskutiert nun darüber, wie sie die Nachteile aus der Privatisierung der Wasserbetriebe abmildern kann. Die taz hatte voriges Wochenende die bis dato geheimen Verträge über den Verkauf dieses kommunalen Versorgers auf ihrer Webseite veröffentlicht und in der sonntaz über die „Geschichte einer räuberischen Privatisierung“ berichtet. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) sagte im Interview mit dem Inforadio des Rundfunk Berlin-Brandenburg: „Die taz hat mit ihrer Veröffentlichung eine Grundlage dafür geschaffen, dass über diese Verträge jetzt nicht mehr herumgeheimnisst werden muss, sondern sie für jeden einsehbar sind.“ Wolf kritisierte, dass die schwarz-rote Koalition vor gut einem Jahrzehnt einen Anteil von 49,9 Prozent an den Wasserbetrieben verkauft hatte: „Die Teilprivatisierung von 1999 hat den Privaten Garantien gegeben zur Verzinsung des Kapitals – Regelungen, die preistreibend sind.“ Nun sei eine andere andere Grundlage für die politische Diskussion gegeben.
Ob es gelingt, das Unternehmen von den privaten Anteilseignern zurückzukaufen, wird, so Wolf, in „einer politischen Auseinandersetzung mit den Privaten“ entschieden. Er hoffe, das Bundeskartellamt werde eine Senkung der Wasserpreise anordnen.
Grüne und FDP kritisierten nach der taz-Veröffentlichung, dass die Koalition aus SPD und Linken für einen Anstieg der Wasserpreise mitverantwortlich sei. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer meint: „Die bisher veröffentlichten Vertragsdetails zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe verdeutlichen, dass (…) eine gezielte Täuschung des Parlaments und der Öffentlichkeit stattgefunden hat.“ Er forderte, „die übermäßigen Gewinnausschüttungen an das Land Berlin“ zu reduzieren.
Insbesondere die SPD kommt nun in Erklärungsnot – sie ist nun der Lüge überführt. Als das Berliner Landesparlament im Jahr 2003 über eine Änderung der Geheimverträge diskutierte, ging es vor allem um die Höhe der Zinsen, die die Wasserbetriebe von ihren Kunden verlangen können. Der Zinssatz ist der entscheidende Faktor zur Steuerung der Wasserpreise und des Gewinns. Der SPD-Abgeordnete Günther Krug sagte im Abgeordnetenhaus: „Da ist für 2004 ein Zinssatz von 6 Prozent festgelegt, der wird auch im Durchschnitt weiter sinken.“ Dies hätte sinkende Wasserpreise bedeutet. Die unter Verschluss gehaltenen Verträge belegen das Gegenteil: In ihnen ist genau festgeschrieben, wie der Zinssatz stufenweise ansteigen soll. Die SPD hat also die Öffentlichkeit im Parlament belogen. Der Partei- und Fraktionsvorsitzende Michael Müller lehnte eine Stellungnahme der taz gegenüber ab.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Ramona Pop und Volker Ratzmann kritisierten, der rot-rote Senat habe „mit Vertragsänderungen zu Lasten der GebührenzahlerInnen und gegen verfassungsrechtliche Vorgaben die Gewinnerwartungen der Privaten erfüllt. Das ist durch die jetzt erfolgte Veröffentlichung klar geworden.“
Auch der Berliner Wassertisch begrüßte die Veröffentlichung der Verträge: „Passend zu Halloween können dort die Horrornachrichten gelesen werden, wie demokratisch gewählte Regierungen zusammen mit Konzernen gemeinsame Sache machen“, heißt es in einer Mitteilung. Die Initiative hatte mehr als 280.000 Unterschriften für die Offenlegung der Verträge gesammelt. SEBASTIAN HEISER
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