: Mit gleichen Karten
BREMER MODELL Seit Jahren geht Bremen bei der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen humanitäre Wege
Wie andere Patienten zum Arzt zu gehen und einfach nur die Chipkarte vorzuzeigen – das ist für Flüchtlinge in Bremen seit 2005 ganz normal. Möglich wurde dieses „Bremer Modell“ durch eine Vereinbarung des Sozialressorts mit der Bremer AOK. Vor allem das damals SPD-geführte Sozial- und Gesundheitsressort und die Verwaltung wollten das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit für alle Menschen auch wirklich anwenden.
Ob Asylbewerberin oder Geduldeter – nach ein paar Wochen gibt es in Bremen für alle eine Gesundheitskarte. Die AOK erhält dafür eine Verwaltungspauschale und rechnet später die Behandlungskosten mit dem Sozialamt ab.
Auch in Bremen haben Flüchtlinge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz aber nur Anspruch auf eine Behandlung akuter Erkrankungen und nicht auf eine volle Gesundheitsversorgung. Über eine oft nötige psychotherapeutische Traumabehandlung etwa wird immer nur im Einzelfall entschieden. Aber im Wartezimmer haben alle die gleichen Karten.
Und das klappt gut: 2012 übernahm man in Hamburg das Modell und schloss ebenfalls eine Vereinbarung mit der Bremer AOK.
„Der ungehinderte Zugang zum Gesundheitswesen ist ein fundamentales Menschenrecht“, sagt Jochen Zenker, der als damaliger Leiter des Bremer Gesundheitsamtes das Modell mit anschob. Durch gesetzliche Einschränkungen versuche die Bundesrepublik sich gegen Flüchtlinge abzuschotten. Das habe ihn geärgert. „Man muss die Gesundheitsversorgung von der Innen- und Außenpolitik trennen“, sagt Zenker.
Damit startete man in Bremen bereits einige Jahre zuvor: Ab 1993 wurden Flüchtlingen nicht mehr – wie bis dahin üblich – nur auf ansteckende Krankheiten getestet, sondern medizinisch versorgt. Bis heute gibt es in der Zentralen Aufnahmestelle eine tägliche Sprechstunde.
2009 kam dann der nächste Schritt: In einer „humanitären Sprechstunde“ bekommen auch Menschen ohne Papiere, Aufenthaltsstatus oder Krankenversicherung eine Basisversorgung und medizinische Beratung – direkt im Gesundheitsamt. JPB