Die Flasche, die wieder zu Erde wird

Eine neue „Bio-Flasche“ aus Bochum wird aus einem nachwachsendem Rohstoff gemacht: Maisstärke. In einer Kompostieranlage soll die Flasche entsorgt werden können. Allerdings ist sie noch nicht für jedes Getränk geeignet. Und wie umweltfreundlich sie wirklich ist, wird noch untersucht

Bio ist in, auch beim Müll. Nach kompostierbaren Müllbeuteln gibt es nun auch eine Getränkeflasche, die ökologisch abbaubar ist: eine „Bio-Flasche“, komplett kompostierbar und ohne Zusatzstoffe – sagen die Hersteller. In Deutschland ist es eine Bochumer Firma, die „Quellenhof Heil- und Mineralbrunnen“, die die Flaschen fertigstellt und abfüllt. Der Grundstoff, ein Kunststoffgranulat aus Polymilchsäure, auch Polyactid (PLA) genannt, kommt aus den USA und wird aus Maisstärke hergestellt.

Was nach einer ökologischen Revolution klingt, ist allerdings noch umstritten. Für den Kompost im eigenen Garten ist die Flasche ungeeignet. Aufgrund ihrer festeren Molekularstruktur wird sie nur bei Temperaturen von 60 bis 70 Grad zu Erde. Die Hersteller sind trotzdem überzeugt von ihrer Innovation. Die Flasche sei in jeder herkömmlichen Kompostieranlage verwertbar oder könne verbrannt werden. Dabei würde nur so viel CO2 ausgestoßen, wie die Pflanze zuvor absorbiert hat, erklärt Klaus Unger-Friedewald, Geschäftsführer von Quellenhof. Zwar werde die PLA-Flasche ähnlich produziert wie die bekannten PET-Flaschen, „allerdings wird etwa 20 Prozent weniger Energie benötigt, weil die PLA-Flasche bei geringerer Temperatur produziert wird“.

Noch hat PLA allerdings einige Nachteile, bestätigt auch Quellenhof. Fruchtsäfte mit hohem Vitamin-C-Gehalt wie frisch gepresster Orangensaft können noch nicht in PLA abgefüllt werden. Ebenso Getränke mit zu viel Kohlensäure oder natürlichen Farb- und Aromastoffen. Auch das Abfüllen mit Milch sei noch problematisch, weil diese beim Gären das Material zersetzen würde. Es werde aber daran gearbeitet, die Flasche zu optimieren, heißt es bei Quellenhof.

Die Drogeriemarktkette „Ihr Platz“ hat die Maisflasche trotzdem schon im Sortiment – mit eigens dafür kreiertem Inhalt. Sogar mit einem Gütesiegel für Kompostierbarkeit wirbt „Ihr Platz“ schon – obwohl das Zertifizierungsverfahren dafür noch gar nicht abgeschlossen ist. Genau dabei werden beispielsweise Farb- und Zusatzstoffe auf ihre Kompostierbarkeit geprüft. Die Materialien seien schon zertifiziert, nur die Kompostierbarkeit des fertigen Produkts sei noch in Auftrag, rechtfertigt Bio-Projektleiter Bernd Merzenich das Vorgehen – „eine Frage von Ermessensspielräumen“. „Dass wir das Zeichen schon verwenden, ist eine Übergangsregelung, eine halb offizielle Angelegenheit.“

Jöran Reske, Koordinator für Zertifizierungen von Produkten beim Verband „european bioplastics“, hält das nicht für dramatisch: „Wir haben vollstes Vertrauen in ‚Ihr Platz‘, auch wenn es formal vielleicht nicht okay ist, das Zeichen schon zu benutzen. Wir haben da ein gewisses Quantum an Toleranz, das allerdings zeitlich endlich ist.“ Man bemühe sich darum, die Zertifizierung schnellstmöglich für das gesamte Produkt abzuschließen.

Michael Ritthoff von der Forschungsgruppe „Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren“ der Uni Wuppertal sieht im Kompostieren ohnehin nicht die beste Lösung. Besser sei, die PLA-Flasche in ihre ursprünglichen Bestandteile, die Monomere, zu zerlegen. Diese klar getrennten Stoffe seien besonders gut zu reinigen, wodurch ein äußerst hochwertiges Recycling möglich sei. „Dazu sind allerdings Anlagen notwendig, die es so noch nicht gibt.“ Grundsätzlich habe die Flasche aus umgewandelter Maisstärke gute Eigenschaften, momentan gebe es jedoch noch keinen Vorteil gegenüber anderen Flaschen. „Zwar ist heute noch vieles unklar, die Perspektive sieht aber gut aus“, resümiert Ritthoff. NINA SELZER