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Archiv-Artikel

„Kunst ist mehr Wert als Geld“

Kunst wurden den Städten einst überlassen – mit dem Verkauf verspielen sie Vertrauen, so Expertin Welzel

taz: Frau Welzel, wieso haben Kommunen überhaupt Kunstobjekte?

Barbara Welzel: Es gibt eine lange Tradition des Kunstsammelns in den Klöstern und Kirchen. Durch die Säkularisierung wurden nach 1802 viele Klöster aufgelöst, die Kunstwerke sind dann zu einem großen Teil zerstört worden, andere in die Hände von Sammlern gelangt. Seit dem 19. Jahrhundert gibt es aber auch Kunstsammlungen reicher Bürger, die ihre Werke den Städten schenken. Mit dem Beginn der Moderne wurde Kunst als etwas verstanden, das der Öffentlichkeit zugänglich sein muss. Das war der Beginn der öffentlichen Museen. Viele Privatleute haben dann ihre Sammlungen den Städten und so der Öffentlichkeit vermacht.

Welche Bedeutung haben die Kunstschätze für die Städte und deren Identität? Kunst ist zum einen immer etwas, das unsere Lebenswelt mitgestaltet. Zweitens sind Museen wie dasjenige in Krefeld nicht nur Provinzmuseen, sondern auch Orte mit überregionalen Bezügen. Jede Stadt, die etwas auf sich hielt, schaute im 19. Jahrhundert auch nach Paris. Diese Europäisierung wird in Kunstmuseen regelmäßig gezeigt. Solche internationale Vernetzung war in Deutschland nicht immer selbstverständlich, gerade im Dritten Reich waren moderne und internationale Kunstpositionen nicht erwünscht. Kunstwerke im Museen lagern ja auch Geschichte und Geschichten an. Man kann an einem Gemälde von Monet auch Wertschätzung und Ablehnung bestimmter Kunstrichtungen dokumentieren.

Welchen materiellen Wert haben die Kunstschätze?

Wenn man etwas kauft, kann man sagen, was es gekostet hat. Wir reden aber immer wieder auch über Werte, die ererbt wurden, einmalige Werte. Der Wert steckt neben dem Materiellen in der Unersetzbarkeit. Wenn die Werke einmal verkauft sind, kann man sie nicht mehr zurückbekommen. Und wenn gesagt wird, dass zu einem späteren Zeitpunkt wieder neue Bilder angeschafft werden könnten, dann sind das eben andere. Und selbst das ist bei der finanziellen Lage der Museen gegenwärtig sehr unwahrscheinlich.

Was geht durch den Verkauf verloren? Als erstes geht der Stadt ein Kunstwerk verloren. Es geht aber auch die Geschichte des Sammelns, des bürgerschaftlichen Umgangs mit Kultur verloren. Und außerdem geht damit das Vertrauen verloren, dass übertragene Kunstschätze bei den Städten in guten Händen sind.

INTERVIEW: MANFRED GÖTZKE