Stopp für Bundestag

AUS FREIBURGCHRISTIAN RATH

Der Ausverkauf der Deutschen Flugsicherungs GmbH an private Investoren ist vorerst gescheitert. Bundespräsident Horst Köhler weigert sich, ein entsprechendes Gesetz zu unterzeichnen, weil es seiner Meinung nach gegen das Grundgesetz verstößt. Die große Koalition will ihre Pläne aber nicht aufgeben und erwägt jetzt eine Änderung der Verfassung.

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) koordiniert täglich mehr als achttausend Flugbewegungen im deutschen Luftraum. Sie betreibt mit ihren 5.300 Mitarbeitern Kontrollzentren in Langen, Berlin, Bremen, Karlsruhe und München. Derzeit gehört das Unternehmen zu hundert Prozent dem Bund.

Im April hat der Bundestag jedoch entschieden, einen Großteil seiner Anteile an der Deutschen Flugsicherung zu verkaufen. Nur 25,1 Prozent der DFS sollen weiterhin dem Bund gehören. Das Gesetz wurde mit einer ganz großen Mehrheit von SPD, CDU/CSU, FDP und Grünen beschlossen. Nur die Linkspartei stimmte dagegen.

Der Bundestag verfolgte damit einerseits finanzielle Ziele, der Verkauf sollte rund eine Milliarde Euro einbringen. Zum anderen sollte die Privatisierung aber auch die Erschließung von Märkten in europäischen Nachbarländer erleichtern. Als Käufer der Flugsicherung kamen internationale Finanzinvestoren in Betracht. Als „Notwehr“ hat sich jedoch auch ein deutsches Konsortium um den Kauf beworben, dem Fluggesellschaften wie Lufthansa und Air Berlin, der Tourismuskonzern TUI und der Frankfurter Flughafen angehören. Sie fürchten beim Verkauf an fachfremde Investoren einen starken Anstieg der Gebühren für die Flugsicherung.

Zunächst liegen diese Pläne nun auf Eis. In Briefen an die Bundesregierung, den Bundestag und den Bundesrat teilte Köhler gestern mit, dass er das Privatisierungsgesetz nicht unterzeichnen werde. Überraschend kamen die Schreiben nicht, Köhler hatte das Gesetz bereits auffällig lange geprüft.

Köhler beruft sich auf Art 87 d des Grundgesetzes. „Die Luftverkehrsverwaltung wird in bundeseigener Verwaltung geführt“, heißt es dort. Die Verfassung überlässt dem Bund zwar, ob er die Flugsicherung als Behörde oder als bundeseigenes Privatunternehmen führt. Ein weitgehender Verkauf der Flugsicherung ist nach Köhlers Ansicht jedoch unzulässig.

Der Bundespräsident verlangt, dass der Bund weiterhin „ausreichende Steuerungs- und Kontrollrechte“ über die Flugsicherung behält. Dazu genüge ein Anteil von 25,1 Prozent der Gesellschaftsanteile nicht, weil er damit höchstens ein Vetorecht innehabe, aber nicht selbst Ziele durchsetzen könne. Außerdem sei die Sperrminorität nur für 20 Jahre im Gesetz garantiert. Auch die geplante Kontrolle durch ein Bundesamt für Flugsicherung konnte Köhler nicht überzeugen. Denn laut Gesetz darf die DSF nach 20 Jahren ihren Sitz ins Ausland verlagern, und dann sei deutsche Kontrolle „erheblich erschwert, realistischerweise ausgeschlossen“, kritisiert Köhler.

Ein generelles Urteil über die Zulässigkeit derartiger Privatisierungen wollte Köhler damit aber nicht abgeben. Als CDU-Mann, der ja politisch eher ein Freund der Privatwirtschaft ist, weist er nur darauf hin, dass der derzeitige Wortlaut des Grundgesetzes den Plänen des Bundestags entgegensteht. „Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für sein Vorhaben zu schaffen“, betonte Köhler deshalb zugleich.

Das ließen sich SPD und CDU/CSU gestern nicht zweimal sagen. Wenn es sein muss, will die große Koalition das Grundgesetz so ändern, dass eine Privatisierung möglich ist. Die nötige Zweidrittelmehrheit hat die Koalition.