: „Das könnte abschreckend wirken“
Die Zahl der ausländischen Studierenden wird weiter abnehmen, fürchtet Yasser Abdelrehim von der Uni Münster
taz: Herr Abdelrehim, Sie haben sich vor vier Jahren zu einem Studium in Münster entschieden. Würden Sie Ihren Freunden in Ägypten empfehlen, in NRW zu studieren?
Wenn man gut Deutsch kann, ist es zu empfehlen. Meistens zieht es aber ägyptische Studenten eher nach Frankreich, England oder in die USA, weil sie die Sprache besser können und so schneller durchs Studium kommen. Mit der Einführung der Studiengebühren in Deutschland wird sich dieser Trend sicherlich verstärken. Wir von der Ausländervertretung der Uni Münster rechnen damit, dass die Zahl der Studierenden als Folge der Studiengebühren um die Hälfte zurückgehen wird.
Ist es nicht jetzt schon so, dass nur die reichen Studierenden nach Deutschland kommen, weil sie Ersparnisse vorweisen müssen?
Das gefällt mir auch nicht. Ich wünsche mir, dass mehr Studenten aus anderen Schichten hierher kommen. Durch die Studiengebühren wird sich ihre Zahl noch stärker reduzieren.
Es kommen neue Hindernisse auf ausländische Studierende hinzu. Innenminister Wolfgang Schäuble will als Reaktion auf die Kofferbomben-Attentate ausländische Studierende besser überprüfen.
Wenn ich das richtig verstanden habe, bedeutet das eine Unmenge an neuer Bürokratie. Ein Visum zu erlangen, wird dann noch schwerer. Wenn Schäuble plant, die Bürgen zu überprüfen und Eltern eine Verpflichtungserklärungen abverlangt, dann dauert das alles noch länger als heute schon. Das könnte abschreckend wirken auf angehende Studenten. Wenn wir das zusammen mit den Studiengebühren sehen, wird die Zahl der Studierenden noch weiter sinken. Und das ist nicht nur schade für die ausländischen Studenten, sondern auch für die deutschen.
Aber diese, heißt es, seien nicht sehr offen gegenüber ausländischen Kommilitonen?
Die meisten Deutschen sind tatsächlich zurückhaltend. Ich habe aber auch deutsche Freunde. Ich will das nicht verallgemeinern.
Werden Sie seit dem versuchten Kofferbombenanschlag anders behandelt?
Ein paar Tage nach der Geschichte wurde ich zum ersten Mal im Zug von der Polizei kontrolliert. Ich verstehe zwar das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen, aber ich habe das als unangenehm empfunden. Der Deutsche, der neben mir saß, hat versucht mich zu beruhigen: „Das geht bald wieder vorbei“, hat er gesagt. Das fand ich nett. Aber ich weiß von Muslimen, die einen Bart tragen oder nicht so gut gekleidet sind, dass sie gerade in Zeiten der allgemeinen Aufregung oft misstrauische Blicke ernten.
Aber ist das verstärkte Sicherheitsgefühl der Deutschen nicht verständlich?
Ich verstehe die Angst der Menschen. Aber durch solche Gesetzesverschärfungen wird das Bild verstärkt, dass alle ausländischen Studierenden potenzielle Attentäter sind. Und das führt auch nicht zu der Integration von ausländischen Studierenden. Im Gegenteil: Die Ausgrenzung ist der beste Nährboden für Extremisten.
INTERVIEW: NATALIE WIESMANN