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Archiv-Artikel

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SPD Druck auf Fraktionschef: Raed Saleh soll spätestens Montag nach einem Treffen mit Parteichef Jan Stöß klar sagen, ob er gegen ihn für den Landesvorsitz kandidieren will

Der Zeitpunkt kurz vor Volksentscheid und Europawahl ist äußerst ungünstig

VON STEFAN ALBERTI

Am Montag ab 9 Uhr sollen sie im Abgeordnetenhaus zusammen sitzen und Tacheles reden: SPD-Fraktionschef Raed Saleh und Parteichef Jan Stöß. Nach diesem Gespräch, so fordern viele in der SPD, müsse Saleh sich festlegen, ob er beim Landesparteitag am 17. Mai tatsächlich Stöß den Landesvorsitz abnehmen will. Der Ausgang des Duells wäre eine Vorentscheidung für die Nachfolge von Regierungschef Klaus Wowereit. Saleh, der solche Ambitionen jüngst nicht dementierte und dann in den Urlaub fuhr, schwieg dazu auch am Donnerstag. Daran soll sich auch nichts ändern, wenn er am heutigen Freitag zu einer SPD-Büroeröffnung in Charlottenburg nach Berlin zurückkommt.

Wer die Ereignisse bei den Sozialdemokraten nur in größeren Abständen verfolgt, hat in diesen Tagen ein Problem, den Verlauf der Dinge zu verstehen. Da soll ein Parteichef dem Mann weichen, der ihm vor fast zwei Jahren ins Amt half. Jener Parteichef, der Ende 2013 als erster Berliner SPDler seit Langem in den Bundesvorstand gewählt wurde und erst jüngst Metropolenbeauftragter der SPD wurde. Und das eine Woche vor dem wichtigen Volksentscheid zum Tempelhofer Feld am 25. Mai und der Europawahl am selben Tag.

Hört man sich um, gibt es nicht viele konkrete Vorwürfe gegen den amtierenden Parteivorsitzenden. Aus dem Saleh-Lager heißt es zwar, Stöß habe Unruhe in die Partei gebracht und inzwischen begonnen, rumzuschreien. Unterm Strich aber bleibt wenig Substanzielles. Ausnahme ist der Umgang mit dem über eine Steueraffäre gestolperten Staatssekretär André Schmitz – da hatte Stöß für viele übereilt eine Entlassung gefordert. Wenn es eine Diskussion über Stöß geben sollte, dann betreffe die nicht seine Arbeit, sondern künftige Weichenstellungen, sagte der taz die Abgeordnete Ina Czyborra, Vizechefin der SPD Steglitz-Zehlendorf, eines der größten Kreisverbände.

Denn spätestens seit Anfang 2013, als die Eröffnung des BER erneut und auf unbestimmte Zeit verschoben wurde und Wowereit kurzzeitig zu stürzen drohte, diskutiert die SPD über die Nachfolge des seit 2001 amtierenden und inzwischen 60-jährigen Regierenden Bürgermeisters. Zunehmend gelten drei Machtzentren – die Parteispitze mit Stöß, die Fraktion mit Saleh und die Senatskanzlei mit Wowereit – als hinderlich für einen geordneten Übergang.

Wenn Saleh dem Highlander-Motto „Es kann nur einen geben“ folgen und Fraktion und Partei vereinen will, muss er es nach oft gehörter Einschätzung tatsächlich jetzt tun: Die nächste Vorstandswahl ist erst 2016, wenige Monate vor der Abgeordnetenhauswahl, und dann könnte die SPD innere Kämpfe noch weniger gebrauchen als jetzt kurz vor dem Volksentscheid.

Bei der Charlottenburger Wahlkreisbüro-Eröffnung werden am Freitagabend wichtigste Player aufeinandertreffen: Saleh und die beiden SPD-Senatsmitglieder Michael Müller und Dilek Kolat. Müller, bis 2012 Parteichef, gilt neuerdings als Saleh-Unterstützer, Kolat wird dem Stöß-Lager zugerechnet. Das aber beschränkt sich auf den Parteivorsitz – in Sachen Wowereit-Nachfolge werden beiden eigene Ambitionen zugeschrieben.

So wie viele in der Partei von Saleh nach dem Treffen mit Stöß am Montag Klartext erwarten, so wollen sie bei einem Duell auch eine klare Positionierung von Wowereit. Der dürfe sich nicht darauf beschränken, sich die Auseinandersetzung möglicher Nachfolger anzusehen und darin den Beweis zu erblicken, dass ihm keiner das Wasser reichen könne. Bislang heißt es von Wowereit bloß, er wolle sich Ende nächsten Jahres zum Thema Spitzenkandidatur 2016 äußern. Hier sind sich Salehianer und Stößler einig: Das sei viel zu spät.