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Archiv-Artikel

Skandalfotos: Reaktionen, Folgen

BERLIN taz ■ Die Bild-Zeitung veröffentlichte am Mittwoch skandalöse Bilder deutscher Soldaten in Afghanistan, die mit einem Totenschädel hantieren. Die Aufnahmen entstanden nach Aussage eines Bundeswehrsoldaten bei einer morgendlichen Patrouillenfahrt unter dem Kommando eines Feldwebels. Der Vorfall soll sich schon im Frühjahr 2003 abgespielt haben.

Nach Aussage von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan wird mittlerweile gegen zwei Verdächtige ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Potsdam hatte nach dem Erscheinen der Bilder ein Ermittlungsverfahren wegen Störung der Totenruhe eingeleitet. Potsdam ist zuständig, da alle deutschen Soldaten in Afghanistan vom Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam aus befehligt werden. Die Störung der Totenruhe gilt juristisch als Amtsdelikt, bei einem Verdacht muss die Justiz von sich aus, also auch ohne eine vorliegende Anzeige ermitteln.

Die betroffenen Soldaten müssen mit harten Strafen rechnen: Ihnen drohen die Entlassung aus der Bundeswehr und im härtesten Fall sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren wegen Störung der Totenruhe.

Die Bild-Zeitung wird die Originalfotos der beteiligten Bundeswehrsoldaten nicht zur Verfügung stellen. Jörg Quoos, Mitglied der Chefredaktion, sagte am Mittwoch, alleiniger Grund sei der Informantenschutz. Die Echtheit der Bilder sei von Bild mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln geprüft worden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte ein hartes Durchgreifen. Sie habe die Fotos als „schockierend und abscheulich“ bezeichnet, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, die Leichenschändung schädige das internationale Ansehen der Bundesrepublik. „Ich bin bestürzt über die abscheulichen Fotos.“

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, sagte, die Bilder seien „abstoßend und ekelerregend“. Es müsse geprüft werden, warum trotz guter Ausbildung und Dienstaufsicht solche „Entartungen und Entgleisungen“ vorkämen.

Für den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), kann es „darauf nur eine Reaktion geben: sofortige und schonungslose Aufklärung mit allen zu Gebote stehenden Mitteln!“ SPD-Fraktionsvizechef Walter Kolbow forderte, die Anstrengungen zur Vor- und Nachbereitung schwieriger Einsätze müssten noch intensiviert werden.

Die Grünen-Chefin Claudia Roth beklagte angesichts der veröffentlichten Fotos einen teilweise verbreiteten „Kadavergehorsam“ in der Bundeswehr. Auch im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen KSK-Soldaten im Fall Murat Kurnaz meinte Roth, deutsche Soldaten hätten sich nicht zuletzt mit der demütigenden Verbindung von Nacktheit und Opfern einer vergleichbaren Grenzüberschreitung schuldig gemacht wie US-Soldaten im „Folter-Gefängnis“ Abu Ghraib.

Auch der frühere Kommandeur der internationalen Afghanistan-Schutztruppe Isaf, Norbert van Heyst, zeigte sich empört. „Das kann in Afghanistan katastrophal wirken“, sagte er. Das insgesamt ausgesprochen positive Image, das deutsche Soldaten bisher in der afghanischen Bevölkerung hätten, könne leiden. Es müsse alles getan werden, um die Vorfälle rückhaltlos aufzuklären.

Experten warnen vor einer Verschärfung der Lage für die Truppe. „Jetzt werden diejenigen, die uns von vornherein als Besatzungstruppe angesehen haben, sich weiter motiviert fühlen, den Druck auf unsere Soldaten zu erhöhen“, sagte Udo Steinbach, Leiter des Orient-Instituts in Hamburg.

Die US-Regierung verlangt unterdessen von Deutschland eine rasche Aufklärung der Vorfälle. TAZ