Der Todesfall erhöht den Druck

BESETZTE SCHULE

Hätte man das Ganze etwas schneller geregelt – ein junger Mann wäre jetzt wahrscheinlich noch am Leben

Jetzt hat es doch noch einen Toten gegeben. Schon mehrmals waren Flüchtlinge in der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg mit Messern aufeinander losgegangen. Bislang endete das im Krankenhaus. Am Freitag erlag nun ein Marokkaner nach einem Streit seinen Verletzungen. Ein Tod, der umso trauriger ist, als eine Lösung des Konflikts um die Schule in greifbarer Nähe zu sein scheint.

Bei der Auseinandersetzung ging es dem Vernehmen nach um die Duschen. Ausgerechnet. sie sind schon länger Zankapfel zwischen Bewohnern und Behörden. Zuletzt hatten die Flüchtlinge im März den Einbau von drei Duschen gefordert. Für die über 200 Menschen – Flüchtlinge aus Afrika, Roma, Obdachlose – stehen nach Angaben der Grünen-Abgeordneten Canan Bayram zurzeit nur zwei reguläre Duschen zur Verfügung, von der eine nicht funktioniere.

Das ist viel zu wenig. Man muss sich nicht wundern, dass Bewohner im Gedrängel um diese Dusche in Streit geraten. Wenn es eines Beweises bedurfte, dass Standards für sanitäre Einrichtungen in Flüchtlingsunterkünften ihre Berechtigung haben, ist er nun – leidvoll – erbracht.

Die teils chaotischen Zustände in der besetzten Schule sind seit Langem bekannt. Sicher gab es seitens des Bezirks Bemühungen, die Situation unter Kontrolle zu kriegen. Es arbeitet dort inzwischen ein Hausmeister, ein Sicherheitsdienst sorgt für die Außenbewachung. Das sind kleine Verbesserungen. Im Großen und Ganzen hat man die teils traumatisierten Flüchtlingen aber weiter sich selbst überlassen – in der Hoffnung, bald eine andere, reguläre Unterkunft für sie zu finden. Der grüne Stadtrat Hans Panhoff verhandelt seit Monaten mit ihnen, wie es weitergehen soll. Auch der Senat schaltete sich ein, offenbar ist eine Ersatzbleibe nun in Aussicht.

Der Vorfall vom Freitag wird den Druck auf die Politik – zu Recht – weiter erhöhen. Hätte man das Ganze ein bisschen schneller geregelt, ein junger Mann wäre jetzt wahrscheinlich noch am Leben.

ANTJE LANG-LENDORFF

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