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Archiv-Artikel

SOUNDTRACK

Wenn Marissa Paternoster und ihre Screaming Females die zeitgenössische – und damit ein halbes Dutzend Jahre zu spät eintreffende – Antwort auf die Auflösung von „Sleater-Kinney“ sein sollen, wie es der Rolling Stone vollmundig verspricht, können nur herbe Enttäuschungen über die Zeit im Allgemeinen und die Band im Speziellen die Folge sein. Gewisse Parallelen mögen sich noch dort zeigen, wo es um die starke Erdung in der lokalen D.I.Y.- und „Basement Show“-Szene, in diesem Fall der US-amerikanischen Westküste, und um einen bisweilen in rotziger Attitüde vorgetragenen emanzipatorischen Grundanspruch geht. Wenn man allerdings die Verwendung einer Gitarre nicht für eine tolle Gemeinsamkeit hält, dann ist die Sache musikalisch doch etwas anders gelagert. Und zwar deutlich bodenständiger und weniger verspielt, mehr Garagenpunk- als Indierock also. Das heißt hier: Vor dem Hintergrund einer separat und verlässlich vor sich hinpluckernden Rhythmus-Sektion agiert eine nicht eben fette und eher etwas grob akzentuierte, mitunter in erstaunlich einsame Soli ausbrechende Gitarre. Über all dem wiederum laviert Paternosters Gesang zwischen lakonischem Einwurf und angedeuteter Pophymne. Und das alles klingt – ein weiterer Unterschied – auf der jüngst erschienenen vierten Veröffentlichung immer noch so wie auf der ersten; glücklicherweise auch noch genauso frisch. Do, 18. 11., 21 Uhr, Astra Stube, Max-Brauer-Allee 200

Musikalisch etwas abgetrennt von dem, was man unter dem Begriff „Frankreichs Rock-Szene“ zusammenfasst, bewegen sich Exsonvaldes im weiten Feld zwischen Post-Grunge, Indie-Rock und jenen Verspieltheiten, für die wohl Bands wie „Radiohead“ die maßgeblichen Wegbereiter darstellen. Lassen sich bei den in Frankreich ähnlich bekannten „Phoenix“ und „Cocoon“ noch „landestypische“ Stimmungen und Stileinfärbungen erkennen, treten hier die anglophilen Einflüsse damit deutlich in den Vordergrund. Dies schlägt sich vor allem einmal im weitgehenden Verzicht auf das nieder, was man hierzulande als Besonderungsmerkmal französischer Bands kennt: Anstelle von Rauschen und sphärisch-esoterischem Hauchen setzen die Pariser somit lieber auf schmissige Pop-Melodien, um am Ende auch mit „Radiohead“ gerade noch die Höhe des Gesangs gemeinsam zu haben. Fr, 19. 11., 21 Uhr, Molotow Bar, Spielbudenplatz 5

Eine weitere dieser Bands, die aus dem Schatten der ganzen „Hives“ und „(The) International Noise Conspiracy“s nicht herausgetreten und damit das geblieben ist, was die Musikpresse als „Geheimtipp“ so gern hat. Dabei ist an Tokyo Sex Destruction überhaupt nichts Widerborstiges, Störrisches oder sonst was, das einem größeren Zuspruch im Wege stehen könnte und geheimnisvoll im Sinne von schwierig und anspruchsvoll ist ihre Musik auch nicht. Eher im Gegenteil handelt es sich hier um einen die Seelen von Punk und Soul knackig und energetisch zusammenfassenden freundlich-eleganten Kraftprotz, der sehr zuverlässig Tanzbares produziert. Vielleicht hat der Status also ganz schlicht damit zu tun, dass man – erneut willkommen im Länderklischee – aus Spanien am liebsten und vor allem Ska-artiges in Kompaniestärke importiert. Dass auf der neuesten Platte nun auch Bläser zu hören sind, dürfte allerdings nicht als Zugeständnis an diese schlechte Eigenart zu werten sein. Mo, 22. 11., 21.30, Hafenklang, Große Elbstraße 84 NILS SCHUHMACHER