Puzzlearbeit im Archiv

Die Historikerin Beate Meyer hat die Judenverfolgung in Hamburg aufgearbeitet und die Ergebnisse zusammen mit biographischen Kurzportraits von deportierten Juden in einem Buch veröffentlicht. Heute Abend stellt sie es vor

taz: Frau Meyer, was war der Anlass zu dem Buch?

Beate Meyer: Die Alfred Toepfer-Stiftung hatte 2004 dem Künstler Gunter Demnig für seine Aktion „Stolpersteine“ gemeinsam mit dem Hamburger Organisatoren Peter Hess den Max-Brauer-Preis verliehen und der Historikerin Ina Lorenz ein Preisgeld übergeben, um das Projekt zu unterstützen. Frau Lorenz bat mich daraufhin, ein Buch zu konzipieren. Dies ist das Ergebnis.

Was erfährt der Leser in Ihrem Buch?

Es enthält einen historischen Abriss der Judenverfolgung in Hamburg und Berichte von Überlebenden. Außerdem eine Liste mit den 1.270 Personen, für die bis Februar 2006 in Hamburg ein Stolperstein gelegt wurde sowie einen Rundgang mit 50 biographischen Portraits von Menschen, deren Stolpersteine auf einem für dieses Buch entwickelten Rundgang durch das Grindelviertel liegen.

Warum haben Sie dieses Viertel ausgewählt?

Das war damals das Hauptwohngebiet der Hamburger Juden. Hier stand ein Großteil der Häuser, in die Juden vor ihrer Deportation eingewiesen wurden, außerdem zeitweise das Jüdische Krankenhaus und die Deportationssammelstelle an der Moorweidenstraße. Auch das Jüdische Gemeinschaftshaus und das Judenreferat der Gestapo lagen im Grindelviertel.

Wie sind Sie bei Ihrer Arbeit vorgegangen?

Ich habe mir die 50 Namen von den Stolpersteinen notiert und bin damit ins Hamburger Staatsarchiv und ins Amt für Wiedergutmachung gegangen, habe Adressbücher durchforstet, in Berufshandbüchern von Gewerkschaften nachgeschaut, Gedenkstätten angeschrieben und versucht, über die Senatskanzlei und Peter Hess Verwandte der Deportierten zu finden. Insgesamt war es eine Puzzlearbeit.

Sind Stolperstein-Biographien auch für andere Stadtteile angedacht?

Ja. Die Landeszentrale für politische Bildung und das Institut für die Geschichte der deutschen Juden planen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Stadtteilinitiativen und Forschern, Broschüren mit Biographien auch für Hamburger Viertel wie Wandsbek, Barmbek oder Hamm zu erstellen. Interview: sock

Beate Meyer stellt heute um 19 Uhr „Die Verfolgung und Ermordung der Hamburger Juden 1933-1945“ in den Kammerspielen vor. Das Buch gibt es kostenlos bei der Landeszentrale für politische Bildung