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Sinti und Roma kippen „Borat“-Trailer

Was darf Satire? Offenbar immer weniger: Das Hamburger Zentrum für Antiziganismusforschung gewinnt die erste Runde im Kampf gegen den neuen Film des britischen Comedian Sacha Baron Cohen. Die angeblich rassistischen Inhalte werden kassiert

Der kasachische Präsident hat sich über den Film beschwert, nun also Sinti und Roma

Eine Strafanzeige hatte das „Europäischen Zentrum für Antiziganismusforschung“ in Hamburg bereits vergangene Woche gestellt (die taz berichtete): Gegen den Filmverleih 20th Century Fox Germany und gegen den Hauptdarsteller von „Borat – der Film“, den britischen Comedian Sacha Baron Cohen. Jetzt vermeldete das Zentrum einen ersten Teilerfolg: Der Filmverleih habe die inkriminierten Inhalte seiner „Borat“-Werbekampagne zurückgezogen. „Borat-Trailer, in denen Elemente enthalten sind, von denen sich die Volksgruppe der Sinti und Roma beleidigt fühlen könnte, sind entfernt worden“, zitierte die Sinti- und Roma-Vereinigung in einer Pressemitteilung den Vertriebschef von 20th Century Fox Germany, Mychael Berg.

Was war passiert? Der Verleih hatte Vertreter der Hamburger Sinti und Roma zu einer Preview des Films eingeladen, in dem Sacha Baron Cohen einen kasachischen Reporter mit ausgeprägter Abneigung gegen Juden, „Zigeuner“ und Schwule spielt. Von seiner Regierung in die USA geschickt, „um zu machen Benefiz für glorreiche Nation von Kasachstan“, unterhält sich der schnurrbärtige Reporter mit Angehörigen des amerikanischen Volkes und trifft dabei zu seiner Freude auf Gleichgesinnte.

Der kasachische Präsident hat sich über den Film beschwert, nun also die Hamburger Sinti und Roma. Nach der Vorführung soll es hoch her gegangen sein, berichtete gestern der Spiegel. Der Hinweis, dass Sacha Baron Cohen selbst Jude sei, der Film satirisch gemeint sei, zog nicht. Ein älterer Zuschauer wähnte gar Neonazis am Werk.

Besonders empört hat die Sinti und Roma eine Szene, in der der kasachische Reporter einen Autoverkäufer fragt, ob sein Geländewagen kaputt gehen würde, wenn er damit in „Zigeuner“ fahre. Das komme drauf an, wie schnell er fahre, antwortet der Autohändler, wie die anderen Interview-Opfer des Reporters eine reale Person. Diese Szene ist jetzt in den Trailern gestrichen worden, ebenso alle Links, in denen das Wort „Zigeuner“ vorkommt. Der Verleih habe „zu keiner Zeit“ beabsichtigt, „die Volksgruppe der Sinti und Roma herabzusetzen oder zu beleidigen“, beschwichtigte Vertriebschef Berg in seinem Brief.

Die Strafanzeige bleibe trotzdem bestehen, denn es gehe ja nicht nur um die Trailer, sondern um den ganzen Film, sagt der Vorsitzende des Zentrums für Antiziganismusforschung, Marko Knudsen. Typisch für den rassistischen Geist von „Borat – der Film“ sei, dass alle Opfergruppen ein Gesicht erhielten, nur die Sinti und Roma nicht: „Sie tauchen in keiner Szene auf“, ausgenommen in der Anfangsszene, die sei in einem rumänischen Roma-Ghetto gedreht worden. „Ausgerechnet!“, ruft Knudsen. Im Film werde das aber nicht gesagt.

Knudsen sagt, dass er die Auftritte von Sacha Baron Cohen gut kenne, ja sogar ein Fan von dessen anderer Figur gewesen sei, dem Hiphopper Ali G. Besonders politisch sei Cohen nie gewesen, und „Borat – der Film“ sei nun einmal misslungen. Wenn einfach so wieder von „Zigeunern“ geredet werde könne, sagt Knudsen, „können Sie zwanzig Jahre Bürgerrechtsarbeit vergessen“.

Der Verleih konnte oder wollte sich gestern bis Redaktionsschluss zu dem Fall nicht mehr äußern. Dabei ist die Argumentationslage alles andere als schlecht. Der Reporter im Film ist dermaßen klar eine Witzfigur, dass seine Ansichten kaum ernst gemeint sein können. Eigentlich ist Sacha Baron Cohen politisch korrekt bis auf die Knochen. Möglicherweise ist der Streit darum ein Missverständnis: Cohen spielt das Spiel der ironischen Brechung, auf das sich die Hamburger Sinti und Roma nicht einlassen können.

Dabei sind die eigentlichen Opfer bei „Borat – der Film“ gar nicht die Gruppen, gegen die Cohen loszieht. Es sind die Amerikaner, die ihm den kasachischen Reporter abnehmen und sich bereitwillig von ihm interviewen lassen. Denn die Interviews haben nur ein Ziel: die Interviewten zu denunzieren. Nett ist das nicht. Im Internet haben die Diskussionen der Blogger bereits eingesetzt, und es ist da viel Kritik zu lesen. Es scheint fast, dass sich Cohen nur Feinde macht – egal auf welcher Seite. DANIEL WIESE

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