: Kleines Tier, aber gefräßig
Erstmals wurde die Miniermotte in den 70er-Jahren in Mazedonien gesichtet. Seit Ende der 90er schädigt die Cameraria ohridella die Berliner Kastanien. Nur was genau macht die miese Raupe eigentlich das ganze Jahr über?
Woher sie ursprünglich kam, darüber streiten sich Experten bis heute. In Europa wurde die Cameraria ohridella erstmals in den 70er-Jahren in Mazedonien entdeckt. Seitdem verbreitete sie sich rasant nach Nordwesten und siedelt inzwischen massenhaft in ganz Europa. Das erste deutsche Exemplar wurde 1993 an einer Autobahn in Bayern entdeckt, in Berlin ist der Miniermotte genannte Schmetterling seit 1998 heimisch.
Willkommen ist der Schmetterling aus der Familie der Blatttütenmotten allerdings nirgends. Obwohl er in ausgewachsenem Zustand gerade mal fünf Millimeter misst und mit seinen rötlich-weiß-schwarz gemusterten Flügeln ganz sympathisch aussieht. Die Larven der Cameraria sind ausgesprochen gefräßig – und schädlich noch dazu. Als Wirtspflanze dient ihnen die weit verbreitete weiß blühende Rosskastanie. Dort schlüpfen sie, bohren sich in die Blätter hinein und verrichten dort ihr schädliches Werk. Im Fraßgang schieben sie sich unter der obersten Schicht der Blätter entlang und trennen sie durch die minenartigen Gänge nach und nach von der Wasserversorgung des Baums ab. Die Folge: Die Blätter werden fleckig-braun, vertrocknen und rollen sich ein. Die befallenen Wirtspflanzen verlieren bereits im August ihre Blätter, Ende September sind sie völlig kahl. Während die erste Miniermottengeneration meist nur den unteren Kronenbereich des Baums befällt, kann die nachfolgende Sommergeneration die Blätter des gesamten Baums „minieren“. Die erkrankten Kastanien sehen nicht nur hässlich aus, sie können auch ihre für die Großstadt wichtige Staub absorbierende und klimaregulierende Funktion nicht mehr richtig wahrnehmen.
Über 60.000 Bäume sind im Berliner Stadtgebiet vom Miniermottenfraß betroffen, sie sterben zwar nicht ab durch den Befall, werden aber dauerhaft in ihrer Vitalität geschädigt. „Ein zusätzlicher Stressfaktor für die ohnehin durch Bodentrockenheit, Nährstoffmangel und Salzbelastung geschwächten Bäume“, sagt Herbert Lohner vom Berliner Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND). Natürliche Feinde, Schlupfwepen und Vögel, schaffen es nicht, mit dem rasanten Vermehrungszyklus des Schädlings Schritt zu halten.
Um die Verbreitung der Miniermotte einzudämmen, muss der Mensch eingreifen. „Durch Einsammeln des Laubs kann man die Puppen der Motte abtöten und so die nachfolgende Generation im Frühling wesentlich dezimieren“, so Lohner. Am effektivsten sei es, die Laubsäcke bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR) abzugeben, die den Puppen in speziellen Kompostieranlagen mit über 65 Grad Hitze den Garaus machen. Im Garten hilft es, das Laub mit einer mindestens zehn Zentimeter dicken Erdschicht zu bedecken, die neu geschlüpften Puppen haben so keine Chance, die Erdoberfläche zu erreichen, und sterben ab. Chemische Häutungshemmer wie in Österreich setzt Berlin nicht ein, die Wirkung der Chemikalien ist umstritten, außerdem greifen die Gifte auch harmlose Insekten an.
Nina Apin