: Familien unter Generalverdacht
betr.: „Notfalls mit der Polizei“
Die Ansichten von Herrn Hurrelmann kann ich überhaupt nicht teilen. Ich finde es befremdlich, dass er quasi alle Familien unter Generalverdacht stellt, weil in einigen wenigen Familien schlimme Kindesmisshandlungen vorkommen. Weder Kindergarten noch Ganztagsschule können eine gut funktionierende Familie ersetzen; eine derart intensive Betreuung ließe sich gar nicht finanzieren.
Den Vorschlag der Hebammenbetreuung finde ich dagegen zum Beispiel sehr sinnvoll. Meine älteste Tochter ist in einer amerikanischen Privatklinik zur Welt gekommen, in der dies üblich war. Ein Team von vier Hebammen (oder auf Wunsch auch Frauenärzten) hat die Schwangerschaftsvorsorge durchgeführt, und eine von ihnen hat dann auch die Geburt begleitet und meine Tochter geholt. Das fand ich viel angenehmer als hier in Deutschland, wo die Mutter die Geburtshelferin kaum kennt, weil jemand anderes die Vorsorge gemacht hat. Diese Methode hat für alle werdenden Mütter Vorteile, nicht nur für „Problemfälle“. Ich bin mir sicher, dass es noch viele weitere Wege gibt, um Kinder aus schlecht oder gar nicht funktionierenden Familien zu helfen, die gleichzeitig auch normalen Familien zugutekommen würden. Aber Familien generell unter Verdacht zu stellen und zu kontrollieren, wie Herr Hurrelmann vorschlägt, lässt sich mit meinem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbaren. INES LITTLE, Köln
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