: Abschiebungen bald vom Fließband
FLÜCHTLINGE Asylbewerber vom Balkan sollen schneller zurückgeschickt werden. Regierung billigt Gesetz, das Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina jetzt zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt
BERLIN dpa | Die Bundesregierung will Asylbewerber aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina künftig leichter und schneller in ihre Heimat zurückschicken. Das Kabinett billigte am Mittwoch einen Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der die drei Länder als sichere Herkunftsstaaten einstuft. Darauf hatten sich Union und SPD schon in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt.
De Maizière sagte: „Die Zahlen rechtfertigen und verlangen nach dieser Lösung.“ Die Asylverfahren würden dadurch verkürzt. In den drei Balkanländern gebe es keine Verfolgung, Folter, willkürliche Gewalt oder unmenschliche und erniedrigende Behandlung, argumentiert die Bundesregierung. Die Roma seien in diesen Ländern zwar benachteiligt, würden aber nicht verfolgt. De Maizière argumentierte zudem, andere Staaten wie Großbritannien, Frankreich und Belgien hätten längst auch schon entsprechende Schritte getan.
Die Zahl der Asylbewerber aus den drei Ländern ist seit der Aufhebung ihrer Visumpflicht vor wenigen Jahren deutlich gestiegen. Im ersten Quartal 2014 sei sogar ein knappes Drittel aller Asylanträge in Deutschland aus den drei Staaten gekommen. Die Anerkennungsquote dieser Asylbewerber liege aber bei unter einem Prozent. Die Zahl der Asylerst- und Folgeanträge von Menschen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina war 2013 sprunghaft auf knapp 32.000 gestiegen. 2012 waren es noch rund 12.000 Anträge gewesen. Der Schritt sei daher notwendig, so de Maizière.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sieht das anders: „Die Einstufung der drei Staaten als sichere Herkunftsländer ist unverantwortlich“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Es lägen zahlreiche internationale Berichte vor, die die Menschenrechtslage in diesen Ländern als besorgniserregend einschätzten. Ein großes Problem seien vor allem Hass und Hetze gegen Roma. Pro Asyl appellierte an den Bundestag, die Zustimmung zu den Plänen zu verweigern.
Teile der Union wollten ursprünglich auch Albanien und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten in die Liste aufnehmen lassen, stießen damit aber auf Widerstand beim Koalitionspartner SPD. Der Innenminister will darüber nun im parlamentarischen Verfahren weiter debattieren. Der Ergänzung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten muss am Ende aber auch der Bundesrat zustimmen.
Kritik kam auch von den Grünen. Die Parteivorsitzende Simone Peter sagte, es sei „schlicht unanständig und verantwortungslos“, Flüchtlingen das Vortragen des individuellen Falles zu versagen. Die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke rügte: „Kein Herkunftsland ist sicher, nur weil die Bundesregierung es dazu erklärt.“
Auch das Deutsche Institut für Menschenrechte erneuerte seine Kritik und appellierte an Bundestag und Bundesrat, die Regelung sorgfältig zu überprüfen. Die Menschenrechtssituation für Roma sei in diesen Staaten verheerend, sagte die Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik, Petra Follmar-Otto.
In dem geplanten Gesetz ist auch eine Lockerung des Arbeitsverbots für Asylbewerber und Geduldete geplant. Sie sollen künftig bereits nach drei Monaten eine Stelle annehmen können. Bislang gilt für sie nach dem Gesetz eine Sperre von einem Jahr. Die EU-Staaten hatten die Sperrzeit für Asylbewerber im vergangenen Jahr auf neun Monate verringert EPD, AFP