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Archiv-Artikel

Rheuma-Pillen mit Spätfolgen

Rheuma gilt als Volkskrankheit – aber wirksame Behandlungsmethoden sind rar. Und viele Experten versteifen sich auf die Verabreichung von Medikamenten, ohne ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse für die Patienten nutzbar zu machen

Auslöser fürRheuma sindmeist Infekte: bakterielle wie virale

VON GISELA SONNENBURG

Rheuma ist ein Gefühl, als würden einem die Knochen bersten. Als seien die Gelenke unter der Haut wundgescheuert. Als würden die Knorpel aufweichen. Als seien Muskeln und Sehnen vom Bann getroffen: lahm und schmerzhaft zugleich. Schon Kinder können Rheuma bekommen; meist bricht es zwischen dem 3. und 5. Lebensjahrzehnt aus. Heilung vom großen Reißen (griechisch: rheumatismos) gibt es nicht – nur Linderung.

Behandlungstechnisch gibt es, auch aus Sicht der Krankenkassen, zwei Gruppen Rheumatiker: die billigen und die teuren. Erstere, in der Minderheit, schaffen es mit sanften Methoden, ihr Handicap in den Griff zu kriegen: Mit einem entsagungsvollen Lebensstil – inklusive Einschränkungen im Beruf – sowie mit vegetarischer und basischer, also nichtsaurer Ernährung. Oft nutzen sie rezeptfreie Heilmittel wie Fischölkapseln, Kampfer-Salbe, Muschelkalk und Calcium – nebst viel Wärmezufuhr und eventuell Eispackungen im Akutfall. Nahrungstechnisch wird, zugunsten von Obst und Gemüse, auf im Körper sauer wirkende Produkte, wie etwa Zucker und Fleisch, verzichtet.

Das Gros der Rheumapatienten weiß jedoch nichts von einer Diät und einem angemessenen, stressfreien Lebensstil. Sie werden, kaum dass ihr Rheuma ausbricht, dauerhaft mit Medikamenten wie Cortison und nichtsteroiden Antiphlogistika behandelt. Die Fachgesellschaften, wie die Deutsche Rheuma-Liga und die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie, leben quasi davon, Ärzte und Patienten zur Pille zu bitten.

Dass die Rheuma-Szene fest in der Hand der Pharmaindustrie ist, wird meist verschwiegen. Ebenso, dass die Nebenwirkungen der Arzneien die Patienten oft in eine Zwickmühle bringen. So wurde ein 57-Jähriger jahrelang mit Substanzen behandelt, die ihm defekte Nieren einbrachten – kein Einzelfall.

Häufig entstehen auch Magenkrankheiten, sogar hohe Leberkrebsraten werden bei Dauermedikamentierten beklagt. Denn der Effekt der Mittel schleift sich ab, immer höhere Dosen, immer neue Wirkstoffe werden verabreicht. Ein Teufelskreis: Schleichend werden die Kranken noch kränker.

Die meisten Rheumatologen – spezialisierte Internisten – verlassen sich dennoch auf chemische Dauerbehandlung. Ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse sind ihnen häufig fremd oder suspekt. Viele ärztliche „Spezialisten“ wissen nicht mal, was es mit der Arachidonsäure (ARA), die akutes Rheuma auslöst, auf sich hat. Sie ist in tierischen Lebensmitteln enthalten, vor allem in Innereien und Fleisch.

Die Ökotrophologin Andrea Giese-Seip, die für den Deutschen Reform-Verlag den „Ratgeber Rheumatische Erkrankungen“ schrieb, erklärt es so: „Die Botenstoffe im Körper sind aus verschiedenen Fettsäuren aufgebaut. Die Arachidonsäure (ARA) wirkt bei Rheumatikern entzündungsfördernd, während die langkettigen Omega-3-Fettsäuren, wie sie vor allem Fischöl enthält, entzündungshemmend sind.“ Wichtigster Gegenspieler der ARA: die EPA (Eicosapentaensäure), die der Körper auch aus Raps- und Leinöl, Soja- und Walnussöl bildet. Sie drängt die ARA aus der Zellmembran.

Und während in mageren Milchprodukten nur wenig ARA ist, sollten Steaks und Würste für Rheumatiker tabu sein. Stattdessen sind Salate, Vollkornprodukte und Soja angeraten, zubereitet mit EPA-Ölen. Drastischen Krankheitsverläufen kann mit der richtigen Kost bei ausreichender Schonung und maßvoller Bewegung nachweislich vorgebeugt werden; Medikationen sind dann deutlich zu reduzieren – und oft ganz überflüssig.

Der pharmagesponserten Forschung scheint das nicht zu passen. Dabei listet sie 150 bis 400 verschiedene Formen von Rheuma auf, doch nicht mal über die Anzahl sind sich die Experten einig. Und während die Forscher auf immer neue Medikamente setzen, werden damit „austherapierte“ Kranke mit Gelenkprothesen oder Blutwäschen malträtiert.

Fest steht: Rheuma, das in vielen verschiedenen Facetten auftritt, etwa mit und ohne Fieber, ist eine Autoimmunerkrankung. Auslöser sind meist Infekte: bakterielle wie virale. Darum sollte man sie immer auskurieren – bei Verschleppung droht Rheuma. Aber auch traumatische Erfahrungen und großer Schreck können Rheuma lostreten, ebenso orthopädische Überbelastung oder chemisch-toxische Irritation.

Auf all dies reagiert der Rheuma-Empfängliche, bei dem man genetische Disposition vermutet, mit einer Überabwehr seines Immunsystems: Es attackiert den eigenen Körper.

Diese Selbstzerstörung bleibt nach dem Erstschlag als potenzielle Grunderkrankung vorhanden. Begleiterscheinungen sind möglich: vom Sjögren-Syndrom, einer Austrocknung des Nasen-Rachen-Raums, bis zur Herzinsuffizienz durch geschädigte Herzklappen.

Besonders tückisch ist die rheumatoide Arthritis (früher „Polyarthritis“ genannt), bei der nach und nach alle Gelenke von Entzündung und Zerstörung befallen sein können. Symptomverwandte Krankheiten wie Gonorrhoe, Borreliose oder Zöliakie (Mehlunverträglichkeit) müssen hier ausgeschlossen werden – mit spezifischen Laborparametern. Viele Rheumatologen überprüfen hingegen nur Blutwerte wie den „Rheuma-Faktor“. Der fällt jedoch bei den meisten Rheumatikern mal positiv, mal negativ aus.

Weil Rheuma individuell aber sehr unterschiedlich ist, sollte ein Patient selbst herausfinden, wie er den höchsten Nutzen bei geringstem Schaden hat – und sich konsequent danach richten.