Fluss voller Chemie

Die Alz ist nach Untersuchungen von Greenpeace 10.000-mal stärker mit PFT belastet als der Rhein

BURGKIRCHEN dpa ■ Nach der Verschmutzung von Äckern, Gewässern und Trinkwasser mit der Industriechemikalie PFT in Nordrhein-Westfalen ist gestern ein ähnlicher Fall in Bayern bekannt geworden. Dort ist nach Recherchen der Umweltschutzorganisation Greenpeace der Inn-Zufluss Alz im Landkreis Altötting hochgradig mit Perfluorierten Tensiden (PFT) belastet. Während die genaue Herkunft des vor allem im Sauerland und im Kreis Soest mit einem Düngemittel aufgebrachten Schadstoffes noch nicht geklärt ist, soll das PFT in Bayern aus einem Industriepark in der Gemeinde Burgkirchen a. d. Alz in den Fluss eingeleitet worden sein, teilte Greenpeace gestern mit.

In einer Protestaktion pumpten rund 50 Aktivisten der Organisation das Chemieabwasser auf das Gelände der Firma Dyneon, eine Tochter des US-Chemiekonzerns 3M, zurück. Auch das Trinkwasser im Ortsteil Gendorf weist nach Greenpeace-Angaben Rückstände von PFT auf. Die Behörden müssten die Chemikalien-Einleitung sofort stoppen, forderte Greenpeace.

Ein Sprecher von Dyneon räumte ein, dass sein Unternehmen PFT verwende. Es gebe aber derzeit keine Grenzwerte zur Einleitung von Rückständen der Chemikalie in Gewässer. Das Landratsamt Altötting als untere Naturschutzbehörde kündigte eine Stellungnahme an. Die Alz gilt in der Region als beliebtes Ausflugsziel für Kajaksportler und Angler und fließt kurz hinter Gendorf laut Greenpeace durch ein Naturschutzgebiet.

Nach den Worten von Greenpeace-Sprecherin Corinna Hölzel reichert sich die langlebige Chemikalie PFT über Trinkwasser und Fische auch im menschlichen Blut und in der Muttermilch an. Ein unabhängiges Labor habe in den bei Gendorf genommenen Wasserproben zwischen 72 und 93 Mikrogramm pro Liter der Chemikalie PFOA (Perfluoroktansäure) aus der Gruppe der PFT. Der Rhein weise im Vergleich dazu 10.000-mal niedrigere PFOA-Werte auf. Nur im Sauerland in Nordrhein-Westfalen seien in diesem August ähnlich hohe PFOA-Werte wie in der Alz gemessen worden.

Perfluorierte Chemikalien kommen in der Natur nicht vor. Sie werden wegen ihrer Wasser und Fett abweisenden sowie hitzebeständigen Eigenschaften in der Textilindustrie und bei der Herstellung von Teflon-Pfannen eingesetzt. PFT gilt unter Experten als nicht direkt Krebs erregend, begünstigt aber möglicherweise durch indirekte Mechanismen die Krankheitsbildung. Laborversuche mit Ratten bei der zur PFT-Gruppe zählenden Perfluoroktansäure (PFOA) ergaben nach Erkenntnissen des Toxikologen Klaus-Michael Wollin von der Niedersächsischen Landesgesundheitsbehörde eine erhöhte Leberkrebsrate bei den Tieren.