Schlingernd in die Landreform

Schleswig-Holsteins SPD spricht sich auf Parteitag für eine Gebietsreform und damit größere Kreisverwaltungen aus. Damit setzt sie ihren Koalitionspartner CDU mächtig unter Druck, der das heiße Eisen am liebsten fallen lassen würde

Parteitage sind schön: Die politische Familie trifft sich, es gibt viele Reden, und am Ende steht ein möglichst hochprozentiges Ergebnis: „Ein deutliches Votum erhöht den Druck auf die CDU“, mahnte Claus Möller, Vorsitzender der schleswig-holsteinischen SPD, auf dem Sonderparteitag am Freitagabend in Neumünster. Die Delegierten hörten die Botschaft wohl und stimmten entsprechend: Fast 100 der 119 Anwesenden votierten für den Leitantrag des Vorstandes.

Damit sagt die SPD Ja zur Kreisgebietsreform. Deren Ziel ist es, bis 2010 die Zahl der Landkreise von heute elf plus vier kreisfreie Städte deutlich zu reduzieren – wie viele es werden sollen, legte der Parteitag nicht fest. Die Partei hat zwar eine „5 +2“-Lösung parat, die aber nicht das letzte Wort sein muss.

Die CDU, obwohl deren Spitze im Koalitionsausschuss für die Reform gestimmt hatte, tut sich immer noch schwer. In der vergangenen Woche verlangte ihr Landesvorstand den „Nachweis der Wirtschaftlichkeit“ einer Reform: „Wir fordern, dass eine Strukturveränderung erst am Ende des Prozesses stattfinden kann.“ SPD-Innenminister Ralf Stegner watschte am Freitag derartige Ansinnen kurz ab: „Wir haben keine Erkenntnis-, sondern Umsetzungsdefizite.“ Die Zusammenlegung würde deutlich sparen: Die heutigen Ausgaben pro Einwohner betrügen in den größten Kreisen des Landes 90, in den kleinsten 130 Euro. Zum Hin und Her der CDU sagte er trocken: „Unter Erwachsenen sollten wir so nicht verfahren.“

„Weniger als verabredet geht mit uns nicht, mehr – in Richtung dessen, was wir immer wollten – geht immer“, fasste Stegner zusammen. Er erhielt viel Beifall, auch Zwischenapplaus: wichtige Signale für den „starken Mann der SPD“, der sich um den Landesvorsitz bewirbt und als Spitzenkandidat für die nächste Landtagswahl gehandelt wird.

Aber es gab auch Gegenstimmen: Vor allem die Delegierten von der Westküste, aus Dithmarschen und Nordfriesland, wollen ihre Kreise bewahren und verlangten, wie die CDU, weitere Gutachten und den Nachweis, dass Großkreise wirklich billiger sind. Andere befürchteten, die Riesengebilde seien von ehrenamtlichen Politikern nicht mehr zu kontrollieren. Die Mehrheit sah das aber anders.

Am kommenden Wochenende stimmt die CDU-Basis ab. „Wir erwarten ein Ende des Schlingerkurses“, sagte Möller. Von der CDU hieß es am Wochenende, das Ergebnis des SPD-Parteitags bedeute ein „Entgegenkommen“, unter anderem, weil die SPD eine längere Frist für freiwillige Zusammenschlüsse beschlossen hat. ESTHER GEISSLINGER