: Achtung, Polizei!
Vom Okzident in den Orient (5): Brisante Informationen aus dem bulgarischen Ministerium für Desaster
Mit unserem neuen, von freundlichen serbischen Muslimen umsonst eingebauten Auspuff ging es Richtung Bulgarien, in ein Land mit immerhin 12,8 Prozent islamischer Bevölkerung! Unser Reisechef freute sich nicht grundlos, wie sich bald herausstellen sollte, auf Fasten und Beten in einer funktionierenden Moschee-Gemeinschaft, die wir bisher noch nicht finden konnten.
Nur unser konsequent verfolgter Plan, nachts über Grenzen zu fahren, sollte uns noch Angst bereiten. Die bulgarischen Grenzer waren sehr freundlich bei der Einreise, kontrollierten wie immer nichts, gaben uns aber ein vierseitiges Informationsblatt.
Dort stand geschrieben, dass wir willkommen seien, aber niemandem vertrauen sollen, nachts überhaupt keine Überlandfahrten unternehmen sollten und nirgendwo auf offener Strecke halten dürfen.
Dazu bildet das herausgebende Ministerium für „Disaster and Accidents“ Fotos von Polizisten mit den Worten „So und nicht anders sieht ein bulgarischer Polizist aus“ ab, denn einige Bulgaren – natürlich sagen die Bulgaren, es seien Sinti und Roma, aber das ist dem Kriminalitätsopfer dann ja wohl auch egal – verkleiden sich in Fantasieuniformen als Polizisten, stoppen Autos und überfallen die Insassen mit Kalaschnikows. Und: „Die Straßen außerhalb von Ortschaften werden nachts nicht von der Polizei kontrolliert.“
Immerhin kann sich der verängstigte Durchreisende für 18 Euro einen GPS-Alarmknopf im Auto installieren, der bei Ausreise wieder abgegeben werden muss. Im Falle eines Achsenbruchs oder auch eines Hinterhalts soll man den Knopf drücken, dann weiß die Polizei, wohin sie nachts auf den durchgehend kaputten Straßen zur Hilfe rumpeln soll. Zum Glück passierte uns nichts, Allah war ja mit uns, und wir erreichten die schöne alte Moschee in Sofias Zentrum direkt zum ersten Gebet des Tages.
Chef fand viele Brüder aus dem Irak und Palästina, einen Imam, der besser Bulgarisch als Arabisch sprach, und eine aktive islamische Gemeinde, die ihn den Ramadan gleich netter empfinden ließ. Nur die Türken, die offiziell die 12,8 Prozent islamische Bevölkerung stellen sollten, gingen zur Verwunderung nicht in die Moschee. Wir campten auf dem Parkplatz eines großen Supermarktes und freuten uns für den Fahrer auf die Türkei, wo wir, die im heiligen Monat ständig essenden, Ungläubigen endlich die Exoten sein würden.CARETTA VAN BANGO
Eine taz-Reporterin, 32, fährt mit einem alten Mercedes-508-Bus, 31 Jahre alt, und einem arabischstämmigen Kameramann, 30, Richtung Jordanien. Ein Undercover-Reisebericht vom Okzident in den Orient