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Archiv-Artikel

Privatbankrott leicht gemacht

Bei mittellosen Schuldnern soll es in Zukunft kein Insolvenzverfahren mehr geben, schlägt die Bundesjustizministerin vor. Dadurch könnten vor allem die Länder sparen

BERLIN ap/rtr ■ Die Bundesregierung will Verbraucherinsolvenzen vereinfachen, um die Länder von den steigenden Kosten zu entlasten. Mittellose private Schuldner sollen danach künftig kein aufwendiges Insolvenzverfahren mehr bestreiten müssen, sondern per Gerichtsentscheid direkt zur Entschuldung übergehen können.

Die Kosten des Verfahrens könnten so im Schnitt von derzeit 2.500 Euro auf 800 bis 900 Euro gesenkt werden, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries am Dienstag in Berlin bei der Präsentation der Eckpunkte. Sie unterstrich zugleich, dass sich der Schutz der Gläubiger durch die Neuregelung nicht verschlechtern werde. Die Ministerin will die Eckpunkte nun den Ländern mit einer zweimonatigen Anhörungsfrist vorlegen. Das Gesetz kann frühestens Ende 2007 in Kraft treten.

Nach Angaben des Justizministeriums werden derzeit jährlich rund 70.000 Verfahren zu Verbraucherinsolvenzen angestrengt. Laut Statistischem Bundesamt stieg die Zahl der Verbraucherinsolvenzen in den ersten neun Monaten 2006 um 39 Prozent auf fast 60.000 an. Rechtspfleger und Richter sehen sich dem Ansturm vielfach nicht mehr gewachsen.

In 80 Prozent der Fälle sind die Schuldner zudem völlig mittellos. Dies führt dazu, dass die Justizkassen der Länder für den Schuldner einspringen und die Verfahrenskosten vorstrecken oder tragen müssen. Die Länder klagen zunehmend über diese Belastung.

Im Detail will die Bundesregierung, dass ein Gericht ein Privatinsolvenzverfahren abweisen kann, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, es zu bezahlen. Anstelle eines langwierigen Insolvenzverfahrens soll es ausreichen, dass ein Gerichtsvollzieher die Vermögensverhältnisse des Schuldners ermittelt und dieser eidesstattlich die Richtigkeit der Angaben versichert.

Das Gericht kündigt danach eine sechsjährige „Wohlverhaltensperiode“ an. Darin verpflichtet sich der Schuldner, in diesen sechs Jahren so viel wie möglich an den Gläubiger zurückzuzahlen. Der Arbeitgeber des Schuldners muss das Einkommen, das die nicht pfändbaren 985 Euro übersteigt, an einen Treuhänder abführen. Der verteilt das Geld einmal jährlich an die Gläubiger. Läuft alles korrekt ab, werden die restlichen Schulden gestrichen.