: Ohne die Eltern …
Für Dajana Vasic und ihre drei Geschwister ist ein Wunsch in Erfüllung gegangen: Sie haben eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Zumindest bis sie die Schule oder ihre Ausbildung beendet haben, dürfen sie in Deutschland bleiben. Dafür kämpfte die Familie lange – und zuletzt auch mit Unterstützung von Innensenator Ehrhart Körting
VON ANNA LEHMANN
Im Juli besuchte die taz Dajana Vasic, da war sie gerade 16 Jahre alt geworden und wünschte sich nur eines: einen deutschen Pass (taz vom 29. 7. 2006). Als Geduldete wäre sie nach Maßstäben der Berliner Ausländerbehörde mit 16 Jahren nämlich erwachsen und damit abschiebetauglich gewesen. Nach dem Besuch der taz hat sich das Blatt gewendet. Solange die Kinder zur Schule gehen oder eine Ausbildung machen, dürfen sie bleiben.
Familie Vasic kam 1992 nach Deutschland. Tomislav Vasic, ein Roma aus Serbien, brachte seine Frau und zwei Kinder vor dem Bürgerkrieg in Sicherheit. Dajana war gerade zwei, Milan noch ein Baby, als ihr Berliner Leben begann. Zwei weitere Geschwister werden hier geboren. Im Jahre 2000 soll die Familie abgeschoben werden. So packen sie wieder die Koffer und reisen in die USA. Zwei Jahre bleiben sie dort, dann kehren sie dem Land den Rücken und gehen zurück nach Deutschland. Die Ausreise erweist sich als folgenschwer, denn sie gelten nun nicht mehr als „Altfälle“. Dazu hätten sie bis zum Stichtag der neuen Bleiberechtsreglung sechs Jahre ununterbrochen auf deutschem Territorium leben müssen.
In Berlin fällt die Familie auseinander. Die Mutter wird psychisch krank, der Vater setzt sich mit einer anderen Frau ab.
„Bei uns Roma ist es so: Wenn der Vater die Mutter verlässt, nimmt die Familie sie auf“, erzählt Jossip Vasic. Er ist der jüngere Bruder von Tomislav – „leider, so ein Schwein“. Sein Vater, Milos Sitz (59), nimmt die Schwiegertochter und die Enkel bei sich auf. 2004 wird Frau Vasic nach Bosnien abgeschoben. Als der Nachschub an Medikamenten endet, hört auch der Kontakt auf. Die Kinder haben keine Eltern mehr.
Milos Sitz und sein Sohn Jossip (28) kämpfen um das Bleiberecht für die Minderjährigen. Beide sind deutsche Staatsbürger, doch ihre Bürgschaft allein schützt die Kinder nicht. Die Ausländerbehörde bleibt zunächst unnachgiebig.
Am 27. August feiert der Berliner Flüchtlingsrat Geburtstag, eingeladen sind auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und die Familie Vasic. Großvater Sitz und Sohn Jossip gehen kurzerhand auf den Innensenator zu. Nach dem Gespräch ist klar: Die Kinder bekommen eine Aufenthaltserlaubnis. „Ich habe die Weichen für sie gestellt, nun machen Sie ihnen Druck, dass aus ihnen etwas wird“, gibt Körting den Männern auf den Weg.
„Druck sollen sie nicht spüren“, sagt Jossip. Aber sie sind hinterher und kontrollieren die Hausaufgaben. „Die Kinder entwickeln sich sehr gut“, erzählt Jossip stolz. Dajana, die Älteste, will Arzthelferin werden. Milan möchte nach der neunten Klasse den Realschulabschluss schaffen. Angelina hat gute Aussichten, die Gymnasialempfehlung zu bekommen. Dusko, der Jüngste, braucht sich noch wenig Sorgen um die Zukunft zu machen. Abgeschoben würde er frühestens im Jahr 2013. Wenn überhaupt.