Anlage K – Kafka im Finanzamt: Freitag, 20 Uhr, Samstag, 19.30 Uhr, Sonntag, 17 & 20 Uhr, Haus des Reichs, Einlass Hintereingang, Auf dem Rövekamp
„Von der Decke baumeln Energiesparbirnen in nackten Fassungen, eine gestalterische Zutat des derzeitigen Finanzsenators. Kichernde Mischwesen geleiten das Publikum durch die Gänge. Etliche scheinen zur Belegschaft des Hauses zu gehören, jetzt staunen sie über dessen Verwandlung. Andere haben das übliche „Alles-von-unseren-Steuern“ auf den Lippen, angesichts der Makassar-Ebenholz-Vertäfelungen schöpft das Lamento wenigstens aus dem Vollen. Eben inszeniert Nomena Struß den Aufstieg zur goldmosaikenen Kuppel eines der rückwärtigen Treppenhäuser. Ein Erkenntnispfad auf nummerierten Stufen, natürlich ziellos wie das literarische Irren des K. um’s Schloss. In den öden Endlosfluren der Normalbeamten beruhigen sich die steuerzahlenden Gemüter. Dafür drehen die SchauspielerInnen auf: Drei Büros werden zur dauer-mobilen Installation, Marco Jodes tanzt mit dem Aktenschrank und Alessandra Corti verschwindet im Papierkorb. Die Gruppe hat einen Sack voll Ideen, gereiht in gewisser Unvermitteltheit – aber welcher rote Faden würde auch reichen, um sinnvolle Wege durch solch ein vorbildloses Haus voller verspielt-funktionaler Expressionismen zu finden? Stattdessen Fragmente unterschiedlicher Güte. Als brauchbares Spielelement erweisen sich die vierflügeligen Drehtüren, die in allen Tempovariationen ihren Charme entfalten, während die Nutzung der Paternoster eher verschenkt wirkt. Vorbeifahrende Bilder, gut und schön, aber für eine veritable vertikale Galerie bedarf es eindrücklicherer Einzelideen.“
HB/Foto: Marianne Menke
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