„Fairtrade kann der Umwelt schaden“

Fairtrade ist nicht immer fair zur Umwelt – das gilt vor allem für Massenware, sagt Bio-Produzentin Ursula Stübner

taz: Frau Stübner, sind fair gehandelte Produkte auch ökologisch?

Ursula Stübner: Nicht unbedingt. Wenn Fairtrade-Produkte in Discountern verkauft werden, lohnt sich das für die Produzenten nur, wenn sie Monokulturen anbauen. Für den Massenmarkt können außerdem nur wenige Sorten angeboten werden. Bei einem Produkt wie Kaffee ist das kein Problem – bei Tee schon. Eine Teefarm erzeugt 50 Sorten von Spezialitäten. Über die Transfair-Schiene können sie vielleicht drei Sorten absetzen. Bei jeder Monokultur geht Vielfalt verloren – die Umwelt leidet darunter.

Also schadet es der Umwelt, wenn aus Entwicklungsländern immer mehr Transfair-Produkte nach Europa kommen?

Grundsätzlich kann man das nicht sagen, aber das System ist für manche Produkte geeignet, für andere weniger.

Warum sind nicht alle Fairtrade-Produkte auch Bio? Fair-Trade-Käufer haben doch eine Affinität zu Öko-Produkten.

Seit Lidl diese Kampagne macht, weiß man das nicht mehr so genau. Lidl-Kunden würden nie in einen Bioladen gehen. Reine Fairtrade-Produkte sind viel preiswerter als Bio-Produkte. Das liegt auch daran, dass bei Transfair gängige Produkte in Standardqualität in großen Mengen hergestellt werden. Bioproduktion läuft in kleineren Chargen ab und ist vielfältiger.

Sind denn Bioprodukte immer fair gehandelt?

Im Großen und Ganzen basiert das auf einem fairen Gedanken. Unsere Firma ist an verbindlichen Lieferantenbeziehungen interessiert. Wir zahlen den Preis, der nötig ist, um weiterzubestehen und um das Produkt in Europa vermarkten zu können. Das ist fairer Handel – obwohl es nicht mit den Transfair-Logo gesiegelt ist.

Befürworten Sie denn, dass Fairtrade jetzt in die Discounter kommt?

Im Grunde ist das eine gute Sache, sie macht das Ganze salonfähig. Es bringt die Leute dazu nachzudenken, die sonst keinen Fuß in einen Bio- oder Dritte-Welt-Laden setzen würden. Dieses Nachdenken sollte aber weitergeführt werden.

In welche Richtung?

Dass es kein Privatvergnügen mehr ist fair zu handeln, sondern eine politische Selbstverständlichkeit. Das hat sonst so einen Wohltätigkeitstouch. Durch Transfair wird immer wieder betont, dass die Bauern fair behandelt werden müssen, aber eigentlich produzieren sie hochwertige Produkte, die wir zum überleben brauchen.

INTERVIEW: MANFRED GÖTZKE