: Schon wieder umziehen
WOHNEN Mohamed S., der Anfang Mai zwangsgeräumt wurde, musste nun auch seine Notunterkunft verlassen. Mit etwas Glück kann er bald in einer Pension wohnen
VON SEBASTIAN ERB
Weil er nun auch noch das Zimmer in der Notunterkunft verloren hat, steht Mohamed S. am Donnerstagmorgen vor dem Büro der Jugendstadträtin Elfi Jantzen (Grüne) in Charlottenburg-Wilmersdorf. Schließlich war ihm und seiner Familie versprochen worden, dass sie nach ihrer Zwangsräumung eine neue Unterkunft bekommen. S. hat Unterstützer mitgebracht. Sie müssen warten, sie haben keinen Termin, die Stadträtin ist nicht da.
Anfang Mai hatte das landeseigene Wohnungsunternehmen Gewobag die Wohnung von Mohamed S. räumen lassen, in der er seit 36 Jahren gelebt hatte, zuletzt mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen kleinen Tochter. Die Miete wurde seit Jahren von Jobcenter und Sozialamt getragen, kam aber offenbar nicht immer wie gewünscht beim Vermieter an.
In der Ersatzunterkunft gab es dann eine böse Überraschung: Wanzen im Bett, verrosteter Herd, Gestank im Bad. Die taz berichtete darüber. Am Mittwoch nun wurde Mohamed S. deshalb zur Heimleitung zitiert: Seine Äußerungen in dem Artikel seien eine Provokation, er müsse die Unterkunft deshalb verlassen.
So schildert Mohamed S. die Situation. Der private Betreiber „Luisenstadt Apartments“ in Mitte, der nur über seinen Anwalt kommuniziert, sagt hingegen: Die Familie habe zuletzt gar nicht mehr im Heim gewohnt. Deshalb habe man das Zimmer beim Bezirksamt abgemeldet. Dann sei Mohamed S. gebeten worden, seinen Schlüssel abzugeben.
Die Beschwerden über die Unterkunft können Verantwortliche im Bezirksamt nicht so richtig nachvollziehen. Klar sei sie einfach, sagt Jugendstadträtin Jantzen. Aber eine Jugendamtsmitarbeiterin habe keine gravierende Zustände festgestellt. Dass es im Zimmer Wanzen gab, bestreitet nicht einmal der Betreiber. Diese seien aber gleich beseitigt worden. „Die Familie hätte nicht in diese Situation kommen müssen“, sagt Jantzen. Mehrfach sei ihr in den vergangenen Jahren Hilfe angeboten worden, die nicht angenommen worden sei.
Mohamed S. bestreitet, dass es konkrete Angebote gab. Im Gespräch, das am gestrigen Donnerstag schließlich mit der Stadträtin und dem Leiter des Sozialamts stattfand, wurde ihm die Möglichkeit zugestanden, eine günstige Pension zu finden, die möglicherweise das Amt bezahlt.
Mohamed S. und seine Familie wohnen derzeit vorrübergehend bei Freunden. S. hat angefangen, eine richtige Wohnung zu suchen. Das Problem: Vom Vermieter wird oft eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangt, auch wenn das eigentlich nicht erlaubt ist. Und die hat Mohamed S. natürlich nicht. Allerdings sagt er, dass es überhaupt keine Schulden mehr gibt. Einblick in das Mietkonto wird ihm jedoch verwehrt. Die Gewobag wollte sich zu der Frage nicht konkret äußern.