Wie lauscht der Staat?

RECHT Das Abhören im Ausland hat keine gesetzliche Grundlage; das Scannen von Verbindungen aus dem Inland ist umstritten

Wie überwacht der BND die Telekommunikation?

Erstens kann der BND, wie der Verfassungsschutz, individuelle Anschlüsse in Deutschland abhören. Dabei handelt es sich nur um eine Handvoll Fälle pro Jahr, die jeweils von der G-10-Kommission des Bundestags genehmigt werden. Zweitens überwacht der BND „strategisch“ den Fernmeldeverkehr von und nach Deutschland. Anhand von Suchbegriffen sollen dabei „nachrichtendienstlich relevante“ E-Mails, Anrufe und Faxe entdeckt werden. Gescannt werden so vermutlich Milliarden Vorgänge pro Jahr. Dies wird pauschal jährlich von der G-10-Kommission genehmigt. Drittens überwacht der BND auch Telekommunikation im Ausland, zum Beispiel in Afghanistan.

Welche Maßnahmen sind gesetzlich gedeckt?

Die individuelle und die strategische Überwachung sind im G-10-Gesetz geregelt. Bei der strategischen Überwachung ist umstritten, ob sie unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig geworden ist. Die Auslandsüberwachung ist bisher nicht speziell geregelt. Das heißt, es gibt kein Gesetz, das die Vorausetzungen definiert. Auch hat die G-10-Kommission hier keine Kontrollbefugnis.

Wie wird das Fehlen einer Regelung für die Auslandsüberwachung begründet?

Die Bundesregierung behauptete, das Grundrecht der Fernmeldefreiheit gelte nur auf deutschem Staatsgebiet. Deshalb sei für Eingriffe im Ausland keine präzise gesetzliche Grundlage erforderlich. Tatsächlich gilt das Grundgesetz aber überall da, wo deutsche Staatsgewalt ausgeübt wird, auch in Afghanistan.

Wie reagieren deutsche Bürgerrechtler auf die BND- Überwachung?

Das Abhören einzelner Anschlüsse durch Geheimdienste ist kein großes Thema. Die Kontrolle der G-10-Kommission ist gut. Für exzessives Abhören wird vor allem die Polizei kritisiert. Die strategische Überwachung wurde zum Thema, als sie in den 90er-Jahren von Kriegsprävention auf Terrorbekämpfung umgestellt wurde. Nachdem jedoch das Bundesverfassungsgericht 1999 die anlasslose BND-Überwachung billigte, geriet sie wieder in Vergessenheit. Die Auslandsüberwachung wurde, da es kein Gesetz gibt, auch nie richtig eingeführt. Sie rückte erst letztes Jahr ins öffentliche Bewusstsein. Im August 2013 stellte sich heraus, dass die rund 500 Millionen Datensätze, die die NSA monatlich aus Deutschland erhielt, vom BND in Afghanistan und im Nahen Osten gesammelt wurden. CHRISTIAN RATH