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Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die CDU muss geradezu scheitern, wenn sie per „Patriotismusbeauftragten“ der NPD das Thema abspenstig machen will. Und den Grünen hilft es auch nicht weiter, wenn sie sich nur als schlecht gelaunte Verbotspartei aufstellen

Das Problem am rechten Rand ist am rechten Rand selbst nicht zu lösen. Wirksam sind Erfolge auf dem Arbeitsmarkt und in der Sozialpolitik

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Ewig schlechtes Klimagewissen, wenn man sich übers grandiose Wetterchen freute.

Was wird besser in dieser?

Vielleicht wird das Wetter scheiße, dann ist alles wieder, äh, gut.

Der CDU-MdB Henry Nitzsche will „endlich vom Schuldkult runterkommen“ und dass „Deutschland nie wieder von Multi-Kulti-Schwuchteln in Berlin regiert wird“. Die NPD hat ihm einen Aufnahmeantrag geschickt, Merkel will ein ernstes Gespräch mit Nitzsche führen. Reicht das?

Auf seiner Homepage hat Nitzsche inzwischen aktualisiert, seine „absichtlich provokativ formulierten Worte seien zu seinem Bedauern mehr als missverständlich“ gewesen. Aus seinem Ausbruch lässt sich arg deutlich herauslesen, dass er seine homosexuelle Neigung und sein Bedürfnis nach Schuld und Strafe je abwertender anderen vorwerfen muss, desto schwerer es ihm fällt, beides bei sich selbst zu unterdrücken. Ich persönlich würde es begrüßen, wenn in der CDU weiter Platz wäre für komplexbeladene Klemmschwuchteln mit sexueller Fixierung auf Migranten.

Stimmt die alte linke Kritik an der Union noch, dass die sich nur lax gegen Rechtsextreme abgrenzt?

Stimmt die alte rechte Strategie in der Union noch, dass zwischen sie und die rechte Wand keine demokratisch legitimierte Partei mehr passen dürfe? Braucht es eine Rotte Homänner, weil Strauß, Dregger, Filbinger tot sind? Der „Patriotismusbeauftragte“ der sächsischen CDU, eigens 2004 eingesetzt, um dies Thema der NPD streitig zu machen, wohnte Nitzsches Vortrag im Juni persönlich bei. Dummerweise sind wirksame Maßnahmen gegen Rechtsradikalismus aber eine erfolgreiche Sozialpolitik und durchschlagende Erfolge am Arbeitsmarkt. Heißt: Das Problem am rechten Rand ist am rechten Rand selbst nicht zu lösen.

Die SPD feiert sinkende Arbeitslosenzahlen und Wirtschaftsaufschwung als Erfolg der Hartz-Gesetze. Zu Recht?

Vielleicht wollen sie Schröder ärgern.

Die Grünen wollen, so die Botschaft auf ihrem Kölner Parteitag, radikaler und ökologischer werden. Ist das Oppositionsrhetorik, um die Truppen zu sammeln, oder mehr?

Citymaut, Tempo 130, radikaler Klimaschutz – die Grünen als Verbotspartei und Claudia Roth als Schwester Diesel. Das kommt dann als Schlechte-Laune-Verbotspolitik daher. Nach innen mag das stärken, nach außen helfen nur positive Ziele weiter.

Am Mittwoch veröffentlicht die Baker-Kommission in den USA ihre Vorschläge zum Irak. Was würde dem Irak nutzen?

Der Abgang von Bush.

Gestern hat Venezuela, wie es scheint, Hugo Chávez wiedergewählt. Ist das ein Hoffungszeichen für Linke?

Chávez stabilisiert auch mit Ölmillionen etwa Kuba und andere. Ein Lateinamerika, das aus eigener Kraft den Status als Selbstbedienungsladen der US-Konzerne abwirft, kann Modell für die Entschärfung der arabischen Konflikte sein. Na ja, man darf ja mal träumen.

Am Sonntag wird der Friedensnobelpreis dem Gründer der Grameen-Bank aus Pakistan verliehen. Eine gute Wahl?

Ein guter Hinweis, bekannt war mir das Mikrokredit-Projekt bis zur Bekanntgabe des Preises nicht wirklich. Mehr unter www.grameen.de.

Und was macht Borussia Dortmund?

Das Wochenende gehört vor WAZ und Ruhr-Nachrichten der Westfälischen Rundschau, die den geplanten Trainerwechsel exklusiv auf dem Titel hatte. Ob es eine gute Idee ist, die ganze Saison mit einem „lame duck“ durchzuspielen, wird sich zeigen. Und wer sich jetzt so alles ins Gespräch bringt. FRAGEN: SR

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