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Archiv-Artikel

Senat will dem Bund was husten

Das geplante Rauchverbot des Bundes geht Gesundheitssenatorin Lompscher (PDS) nicht weit genug: Wenn in Kneipen munter weiter gepafft werden darf, soll dies ein Landesgesetz verbieten

Von Markus Wanzeck

Dem Senat sind die Vorschläge der Bundesregierung zum Nichtraucherschutz in der Gastronomie zu lasch. Auf scharfe Kritik stößt vor allem die geplante Ausnahme vom generellen Rauchverbot für Kneipen und Bars. Eine solche Ungleichbehandlung wird es in Berlin nicht geben, sagte Roswitha Steinbrenner, Sprecherin der neuen Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (PDS), der taz. Sollte diese Regelung Bundesgesetz werden, will der Senat nachbessern und in Berlin „weitergehende Gesetze zum Nichtraucherschutz auf den Weg bringen“.

Dass sich Bundes- und Landesregierungen beim Rauchverbot in Gaststätten in die Quere kommen können, liegt an einer Kompetenzüberschneidung: Der Gesundheitsschutz der Gäste ist Ländersache, der Schutz der Arbeitnehmer Sache des Bundes. Ende vergangener Woche hatte eine Arbeitsgruppe aus Unions- und SPD-Bundespolitikern einen Gesetzesvorschlag zum Nichtraucherschutz vorgelegt. Er sieht ein grundsätzliches Rauchverbot in Restaurants und Diskos vor. Bars und Kneipen ohne Speiseangebot – so genannte Schankwirtschaften – sollen von dieser Regelung unberührt bleiben.

Entscheidend bei dem aktuellen Gesetzesvorhaben ist die Frage, ob sich der Nichtraucherschutz primär auf die Angestellten beziehen soll – oder auf die Gäste der Gastronomiebetriebe. Für Letzteres fehle dem Bund die Kompetenz, sagte Steinbrenner. Sollte das Rauchverbot indes auf Basis des Arbeitsschutzes umgesetzt werden, wären die unterschiedlichen Regelungen für Kneipen und Restaurants ihrer Meinung nach kaum haltbar. Wenn Speisewirtschaften qua Gesetz qualmfrei würden, „kann man die Beschäftigten von Schankwirtschaften sicher nicht im Rauch stehen lassen“.

Bliebe also der rechtliche Weg über den Gesundheitsschutz der Gäste, der von den Ländern geregelt werde. Steinbrenner verweist dabei auf den rot-roten Koalitionsvertrag. Darin steht: „Die Koalition wird ein Nichtraucherschutzgesetz für öffentliche Gebäude, Krankenhäuser und Gaststätten erlassen.“ In zwei Bereichen sei Berlin zudem längst weiter als der Bund: An Schulen und Kitas herrsche bereits ein Rauchverbot, für Krankenhäuser sei ein entsprechender Entwurf in Planung.

Auch von den Gastronomen kommt Kritik am Gesetzesentwurf der großen Koalition – allerdings aus der anderen Richtung. Klaus-Dieter Richter vom Berliner Hotel- und Gaststättenverband hält zwar die geplante Unterscheidung zwischen Kneipen und Gaststätten für nachvollziehbar – laut Gaststättenrecht gebe es dafür „feste Kriterien“. Trotzdem bewertete er den Vorstoß als „Schnellschuss“, da er eine freiwillige Selbstverpflichtung der Gastwirte untergrabe. Danach sollten ab 1. März kommenden Jahres 60 Prozent der Restaurants 40 Prozent ihrer Plätze rauchfrei halten.

Der Gesundheitsexperte Johannes Spatz vom „Forum Rauchfrei“ bezeichnete den Vorschlag als „Versuchsballon“, der von Zugeständnissen an die Tabaklobby geprägt sei. Deren „offensichtlichen Einfluss“ auf den Gesetzesentwurf hatte auch Gesundheitssenatorin Lompscher kritisiert. Spatz warnt jedoch zudem vor der Macht dieser Lobbyisten auf Landesebene. Vielleicht nicht zu Unrecht: In Neukölln befindet sich die größte deutsche Produktionsstätte des Zigarettenherstellers Philip Morris. Auf dessen Homepage heißt es: „Die gute partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Behörden in Berlin war für uns immer ein entscheidendes Standortargument.“ Steinbrenner weist solche Spekulationen zurück: Die Gesundheitsverwaltung habe „aus Gründen der Glaubwürdigkeit immer die Kooperation mit der Tabakindustrie abgelehnt“.