piwik no script img

Archiv-Artikel

Künstler sollen künftig ehrlich werden

Freischaffende müssen bei der Künstlersozialkasse häufiger Steuerbescheide vorlegen. Gesetzesänderung

Von BD

BERLIN taz ■ Es ist nur eine kleine Gesetzesänderung, die aber manchen freien Künstlern und Publizisten unangenehm sein könnte. Die Überprüfung der Einkommensverhältnisse Freischaffender durch die Künstlersozialkasse (KSK) soll durch eine „regelmäßige und dauerhafte Befragung einer jährlich wechselnden Stichprobe der Versicherten verstärkt werden“, kündigte das Bundesarbeitsministerium an.

Wird ein über die KSK Versicherter über die Stichprobe erfasst, muss er die Steuerbescheide der zurückliegenden vier Jahre vorlegen. Man wolle damit das jährliche Schätzverfahren zur Beitragsbemessung „ergänzen“, verlautete aus dem Arbeitsministerium. Jährlich sollen jeweils 5 Prozent der Versicherten von der Stichprobe erfasst werden.

Die strengere Überprüfung ist brisant, denn bisher schätzen die Freischaffenden alljährlich bis zum Dezember das „voraussichtliche Jahreseinkommen“ des Folgejahres. Nach dieser nicht näher überprüften Angabe werden die Beiträge für die Kranken- und Rentenversicherung bemessen. In der Vergangenheit wurde daher öfter der Verdacht geäußert, die Versicherten gäben bei der KSK ein eher niedriges Einkommen an, um so nur niedrige Beiträge zahlen zu müssen.

Über konkrete Sanktionen für Überprüfte, die ein zu niedriges Einkommen genannt haben, steht allerdings nichts im Gesetzesentwurf, der der taz vorliegt. Betroffene Freischaffende sprachen daher gestern von einem „Abschreckungseffekt“ durch die schärfere Überprüfung, die zu einer ehrlichen Einkommensschätzung anhalten solle. Wie ein Mitarbeiter der KSK sagte, rechne man damit, dass die Gesetzesänderung Mitte nächsten Jahres in Kraft tritt.

Über die Künstlersozialkasse sind derzeit 148.000 freie Journalisten, SchauspielerInnen, bildende Künstler und MusikerInnen versichert. Sie zahlen monatlich, gewissermaßen als Arbeitnehmeranteil, rund 18 Prozent ihres Einkommens an Beiträgen für Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung und finanzieren damit die Hälfte der KSK-Einnahmen. Die andere Hälfte des Finanzbedarfs, gewissermaßen der Arbeitgeberanteil, wird zu zwei Fünfteln von der Bundesregierung, zu drei Fünfteln durch Abgaben von Kulturunternehmen, Radiosendern, Verlagen und anderen getragen. Kulturunternehmen sollen im kommenden Jahr 5,1 Prozent ihrer Honorarsumme als Abgaben an die KSK abführen, dieser Satz wurde von 5,5 Prozent gesenkt.

Das angegebene durchschnittliche Jahreseinkommen – also die Einnahmen abzüglich Betriebsausgaben – beträgt für die Freischaffenden im Schnitt 10.814 Euro. Die Journalisten liegen mit einem mittleren Einkommen von 13.292 Euro an der Spitze, am wenigstens verdienen die Musiker, die im Schnitt 9.459 Euro angeben. Ältere, auch über 60-Jährige, melden meist ein deutlich höheres Einkommen – höhere Beiträge steigern schließlich auch den Rentenanspruch. Stichproben in der Vergangenheit hätten allerdings nicht ergeben, dass im großen Stil unzutreffende Einkommensangaben gemacht wurden, hieß es bei der Künstlersozialkasse. BD