Die Sandkasten-Ritter

SPD-geführte Städte klagen, dass sie die Landesregierung zur Anhebung der Kindergartenbeiträge zwingt. Erste Kommunen leisten nun Widerstand – und wollen eine Erhöhung verweigern

VON KLAUS JANSEN

SPD-Oberbürgermeister machen die NRW-Landesregierung für steigende Kindergartenbeiträge verantwortlich. Arme Städte würden von der Kommunalaufsicht zu einer Beitragserhöhung gezwungen, sagte der Chef der kommunalpolitischen Gemeinschaft der SPD, Dortmunds Rathauschef Gerhard Langemeyer. „Ministerpräsident Jürgen Rüttgers wollte 2006 zum Jahr des Kindes machen. Statt dessen hat er die Kinderbetreuung verteuert und erschwert“, sagte er.

Im Haushalt 2006 hatte die schwarz-gelbe Koalition die Zuschüsse des Landes zur Kindergartenfinanzierung zurückgefahren. Den Kommunen wurde im Gegenzug erlaubt, die Höhe der Beiträge selbst festzulegen. Nach Angaben der CDU haben rund zwei Drittel der Kreise und kreisfreien Städte in NRW die Gebühren stabil gehalten. Städte, die dem so genannten Haushaltssicherungskonzept unterliegen und ihren Etat von der Bezirksregierung genehmigen lassen müssen, haben diese Möglichkeit jedoch nicht: Sie werden von den Bezirksregierungen zu einer teils drastischen Erhöhung der Beiträge angewiesen.

Erste nordrhein-westfälische Großstädte wollen sich nun aber den Anordnungen der Kontrollbehörden widersetzen und die Beiträge stabil halten. „Wir können nicht weiter erhöhen, ohne das soziale Gefüge in der Stadt anzugreifen“, sagte Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) gestern. Bereits jetzt seien rund 30 Prozent der Familien in der von Arbeitslosigkeit gebeutelten Ruhrgebietsstadt von den Kindergartengebühren befreit, weil sie weniger als 12.271 Euro jährlich verdienen. Weitere 20 Prozent verdienen laut Baranowski unter 24.500 Euro – auch hier könne die Stadt nicht erhöhen. „Wenn wir nur bei denen draufsatteln, die über dieser Grenze liegen, wird das unbezahlbar“, so Baranowski. Für Besserverdienende seien dann Beiträge in Höhe von 859 Euro möglich – pro Monat.

Auch Mönchengladbachs Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD) kündigte an, die geforderte Erhöhung nicht umzusetzen. „Im Bund wird gerade darüber diskutiert, ob man das dritte Kindergartenjahr nicht völlig beitragsfrei macht. Ich kann niemandem erklären, warum ich dann kurz vorher noch einmal kräftig erhöhe“, sagte er.

Ob sich die widerspenstigen Städte nun auf Sanktionen einstellen müssen, ist noch offen. Die CDU sieht keinen Zwang: Letztlich könnten die Rathauschefs selbst über Beitragserhöhungen entscheiden. „Es gibt einen Ermessensspielraum“, sagte der kommunalpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Rainer Lux. Auch eine Sprecherin des Innenministeriums erklärte, dass in jeder Stadt einzeln abgewogen werden müsse, welche Erhöhungen „vertreten und geboten“ seien, wie es in der Gemeindeordnung formuliert ist.

Zumindest im Fall Gelsenkirchen hält die zuständige Bezirksregierung in Münster Beitragserhöhungen für notwendig. „Die Gebühren sind seit 1993 nicht mehr erhöht worden, da sind Anpassungen vertretbar“, sagte Sprecherin Sigrun Rittrich. Geboten sei eine Erhöhung ohnehin: „Die Stadt gibt jeden Tag eine Viertelmillion Euro mehr aus, als sie einnimmt.“