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Archiv-Artikel

„Die Leute erwarten Oma-Musik“

MUNDART Die Hamburger Tüdelband macht Pop auf Plattdeutsch und sieht sich als Vorreiter. Denn diese Sprache habe ein Imageproblem, finden Sängerin Miriam Buthmann und Schlagzeuger Malte Müller

Miriam Buthmann, Malte Müller

■ 24 und 22, Absolventen des Popkurses an der Hamburger Musikhochschule. Buthmann ist ausgebildete Kirchenmusikerin für Popularmusik und hat sieben Semester Politikwissenschaft studiert. Müller hat einen Abschluss an der Hamburg School of Music mit dem Schwerpunkt Schlagzeug.

taz: Frau Buthmann und Herr Müller, Sie spielen zusammen in der Tüdelband, einer Rock-Pop-Band mit plattdeutschen Texten. Wie kamen Sie darauf?

Miriam Buthmann: Die Idee hatte ich im Sommer 2009, als ich mal einen Songtext auf Plattdeutsch geschrieben habe. Da dachte ich: Warum nicht gleich eine Band gründen, in der ich nur auf Platt singe? Ich benutze die Sprache im Alltag kaum, verstehe sie aber. Als Kind war ich viel von Platt umgeben, da meine Großeltern die Sprache fließend sprachen.

Sie texten nur auf Platt?

Buthmann: Ja, man kann über jedes Thema auf Platt singen. Es gibt sogar eine Musikerszene für Platt, die verhältnismäßig groß ist. Allerdings sind junge Leute dort eher die Ausnahme. Plattdeutsch ist offenbar nicht cool.

Malte Müller: Viele halten Plattdeutsch für altertümlich und dörflich. Das ist es nicht. Ich glaube, das liegt daran, dass Platt eine Generation übersprungen hat. Selbst unsere Eltern haben mit Plattdeutsch nicht viel zu tun. Wenn junge Leute die Sprache benutzen, fallen sie sofort auf. Die meisten denken bei plattdeutscher Musik nämlich an getragene Oldies. Selbst unsere Freunde, die uns als Musiker kennen, waren überrascht, als sie uns das erste Mal gehört haben. Da ist es schon ein Reiz, mit unserer Musik so sehr gegen den Strom zu schwimmen.

Erreichen Sie auch Ältere?

Buthmann: Als wir am 15. November ein Konzert im Hamburger Knust gegeben haben, haben wir sehr viele Tickets an Ältere verkauft, die sonst nie auf Konzerte gehen. Unser junges Publikum fühlt sich eher über die Musik, die Älteren über die Sprache mit uns verbunden.

Der an diesem Montag gestartete Bandwettbewerb „Plattsounds“ verweist gern auf die Tüdelband. Werden Sie gerade Vorreiter einer Bewegung?

Buthmann: Hoffentlich. Vor Kurzem haben wir sogar ein Konzert im niedersächsischen Kultusministerium gegeben. Als es letztes Jahr mit der Tüdelband so richtig los ging und wir über 40 Konzerte gespielt haben, fiel uns auf, wie ausgetrocknet die Szene für Plattdeutsch ist. Daher saugen die Leute sofort wie ein Schwamm alles auf, was nur im Entferntesten damit zu tun hat. Dass auf einmal so großes Interesse an uns bestehen würde, hätten wir nie erwartet.

Und wann kann man Sie in nächster Zeit hören?

Buthmann: Letzten November haben wir die EP „Söven Daag“ veröffentlicht. Die ist komplett in Eigenregie entstanden, wir haben weder ein Label noch eine Booking-Agentur im Rücken. Das ist zwar enorm viel Arbeit, aber so brauchen wir keinerlei Zugeständnisse an Außenstehende machen. Im März gehen wir auf Deutschland-Tour, nächste Woche spielen wir bei „Kultur im Knast“ in Hamburg.

INTERVIEW: GORDON BARNARD

Junge Amateurbands können sich bis 31. 8. 2011 auf www.plattsounds.de bewerben. Das Abschlusskonzert findet am 8. 10. 2011 in Oldenburg statt