Angela Merkel soll eine Brücke nach Dänemark schlagen

Der Traum von einer Ostseebrücke von Dänemark nach Deutschland ist mindestens 4,5 Milliarden Euro teuer. Umweltschützer sagen: Albtraum

STOCKHOLM taz ■ Auf den Reißbrettern in den Konstruktionsbüros ist sie seit Jahrzehnten fertig: eine 20 Kilometer lange Brücke zwischen Deutschland und Dänemark über den Fehmarnbelt. Doch die Bundeskanzler Helmut Kohl und Gerhard Schröder hatten dieses Projekt abgeblockt. Nun hofft die Brückenlobby wieder. Auf Angela Merkel.

Bei ihrem Staatsbesuch in Kopenhagen soll es heute neben der kommenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft vor allem um die Brücke gehen. Eigentlich hatte man in Kopenhagen gehofft, gleich beim Merkel-Besuch Nägel mit Köpfen machen zu können. Doch daraus wird nun nichts. Die endgültige Entscheidung über den Baubeginn wurde vertagt – auf Januar. Die Grünen und die Linkspartei halten die Brücke für „verkehrspolitisch unsinnig und ökologisch bedenklich“. Die Parteien hatten am vergangenen Wochenende einen parlamentarischen Antrag gegen die Fehmarnbeltbrücke im Bundestag eingebracht.

In Brüssel steht das Brückenprojekt aber bereits auf der Liste der 30 als „vorrangig“ erachteten Verkehrsinvestitionen. Das heißt: Bis zu 30 Prozent der Baukosten könnten aus der Gemeinschaftskasse der EU finanziert werden. Damit steigt auch der Druck auf die Brücken-Skeptiker. Diese sitzen vor allem im deutschen Finanzministerium.

Wer mit Auto oder Bahn von Hamburg nach Kopenhagen will, muss sich derzeit auf eine dreiviertel Stunden lange Fährüberfahrt einstellen. Die Fährschiffe überqueren den Fehmarnbelt zwischen dem deutschen Puttgarden und dem dänischen Rødby im Halbstundenrhythmus. Selbst an Sommerferienwochenenden funktioniert das nicht immer reibungslos. Die Alternative ist ein wesentlicher Umweg über Flensburg und Jütland.

Doch eine Brücke ist bequemer und es lässt sich eine halbe Stunde Fahrzeit sparen. Verkehrspolitiker in Dänemark und Deutschland wollen sie daher schon lange. Eine direkte Finanzierung aus Steuermitteln kommt jedoch nicht in Frage. Das hat auch die Regierung Merkel klargemacht. So bleiben vor allem private Investoren. Sie könnten das Projekt vorfinanzieren und ihre Kosten über Mautgebühren wieder hereinholen. Dänemark hat das vorexerziert, und es funktioniert beispielsweise nach einigen Problemjahren ganz leidlich bei der Öresundbrücke zwischen Dänemark und Schweden.

Doch private Investoren wird es nicht ohne staatliche Kreditgarantien geben. Sie wälzen ihr Risiko auf den Fiskus, sollten der Verkehr und damit die Mauteinnahmen doch nicht so fließen, wie die Planungen versprechen. Denn diese seien „sehr optimistisch“, meint der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND – und fürchtet die „Versenkung von Steuermilliarden“. Der Kanaltunnel zwischen Frankreich und Großbritannien ist ein Beispiel für nicht aufgegangene Prognosen. Viele Verkehrsexperten warnen beim Fehmarnprojekt vor einem noch größeren Investitionsfiasko. Aus ihrer Sicht muss der Verkehr zwischen Deutschland und Dänemark noch sehr stark wachsen, damit sich die Verbindung rechnet.

Die Befürworter des mindestens 4,5 Milliarden Euro teuren Baus verweisen derweil auf die Öresundbrücke. Seitdem es sie gibt, hat sich der Pendlerverkehr zwischen Schweden und Dänemark vervielfacht. Sie verbindet die dänische Hauptstadt Kopenhagen und Schwedens drittgrößte Stadt Malmö miteinander – in einer Viertelstunde Fahrzeit. Viele wohnen jetzt auf der einen Seite und arbeiten, shoppen oder vergnügen sich auf der anderen. Von Hamburg nach Kopenhagen werden es aber auch mit einer Brücke noch drei Stunden Fahrtzeit sein. REINHARD WOLFFwww.nein-zur-beltquerung.de