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Archiv-Artikel

Alles Gentech, oder was?

Greenpeace hat Müller-Milch in einem Prozess besiegt: Es geht um eine Kampagne gegen Gentechnik-Futter

Greenpeace darf die Produkte der Firma Müller ungestraft „Gen-Milch“ nennen. Ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln bestätigte dies am Dienstag. Der Zivilsenat entschied zugunsten der „im Grundgesetz geschützten Meinungsfreiheit“ – die Umweltaktivisten dürfen somit ihre Kampagne gegen gentechnisch veränderte Futtermittel weiterführen. Das stößt Müller sauer auf. Das Unternehmen aus dem bayerischen Aretsried kündigt auch prompt Berufung gegen das „verfehlte Urteil“ an. Ein Sprecher beschwert sich über die „Irreführung der Verbraucher“. Bei so viel Sorge um Konsumenteninformation und Meinungsfreiheit ist Vorsicht geboten.

Der Fall der Reihe nach: Greenpeace bekämpft den Anbau von gentechnisch verändertem Futter. Dieser ist in Deutschland noch nicht weit verbreitet, da ein strenges Haftungsrecht die Bauern davon abhält. Gentech-Soja und -Mais kommen vor allem aus den USA und Argentinien – und ein sehr hoher Prozentsatz an Viehhaltern nutzt die importierten Pflanzen. Um auf diesen Umstand hinzuweisen, wählten die Umweltaktivisten zwei Molkereiriesen „mit qualitativ hochwertigen Produkten“ (Greenpeace zur taz): Campina, Mutter von Landliebe und Müller, Vater von Weihenstephan. Die Bayern klagten.

Das Urteil: Der Begriff „Gen-Milch“ ist im Kontext der Kampagne ausreichend erklärt. Das gilt umso mehr, als Greenpeace den Zusatz „Mit genmanipuliertem Tierfutter hergestellt“ verwendet. Die von Müller befürchtete Konsumententäuschung besteht laut Gericht nicht. Eine Umfrage, wonach Verbraucher glaubten, die Milch sei selbst „in irgendeiner Weise verändert“, wies das Gericht ab.

Müller beteuert, man hätte die meisten anderen Molkereien genauso gut zum Ziel der Kampagne machen können. Auch deren Zulieferer würden ihren Kühen mehrheitlich gentechnisch verändertes Futter geben. Stimmt – und doch geht es anders: Das zeigen österreichische (Bergland-Milch) und Schweizer Firmen (Emmi), aber auch kleinere deutsche wie Andechser. Sie verzichten auf Gentech-Futter.

ROMAN SCHMIDSEDER