: Die Polizei hat eine Mordsarbeit
Die Zahl der Tötungsdelikte ist in diesem Jahr leicht gestiegen. Die Beamten klagen über zunehmende Belastung
Mord und Totschlag haben in den vergangenen Monaten in Berlin zugenommen. Die sieben Mordkommissionen des Landeskriminalamts haben in diesem Jahr bislang in 140 Verfahren ermittelt, wie ihr Leiter Jörg Dessin gestern mitteilte. Vor einem Jahr waren es zu dieser Zeit lediglich 125 Fälle gewesen. Dessin und der zuständige Abteilungsleiter der Staatsanwaltschaft, Ralph Knispel, sprachen von einer erheblich gestiegenen Belastung ihrer Beamten. Nicht nur die Zahl der Delikte sei gestiegen, sondern auch die Intensität der Ermittlungen. Die 67 Beamten der Mordkommissionen hätten sich auch um insgesamt 19 Entführungen und Geiselnahmen kümmern müssen.
Vor allem der Fall des Studenten Vadim Freinkmann, der im August entführt wurde und nach einigen Tagen gegen Lösegeld freikam, habe seine Abteilung personell an die Grenze des Machbaren geführt, sagte Oberstaatsanwalt Knispel. Jetzt stehe die Anklageerhebung gegen zwei Tatbeteiligte bevor. Mit Blick auf die jüngsten Mahnungen des Bundesverfassungsgerichts und des Berliner Kammergerichts, wonach die Ermittlungsbehörden für schnelle Verfahrungsabläufe Sorge tragen müssen, äußerte Knispel Skepsis, ob seine Behörde in ihrer derzeitigen personellen Ausstattung dieser Anforderung gerecht werden kann.
Zu den spektakulären Ermittlungsverfahren der Mordkommission zählte ihr Leiter außer dem Fall Freinkmann auch den Mord an Hauptkommissar Uwe Lieschied im März in Neukölln sowie den Amoklauf eines 17-jährigen Messerstechers bei der Eröffnung des Hauptbahnhofes im Mai. Die beiden mutmaßlichen Mörder des Zivilfahnders müssen sich gegenwärtig vor dem Landgericht verantworten. Der verhaftete Jugendliche wartet noch auf seinen Prozess.
Nach Dessins Worten werden nach wie vor die meisten Tötungsdelikte aufgeklärt. Auch in diesem Jahr werde die Aufklärungsquote bei Mord und Totschlag mehr als 90 Prozent betragen, sagte der Kriminaloberrat. Zu den noch ungeklärten Fällen dieses Jahres gehören der Raubmord an einem 68-jährigen Schuhmacher im Januar in Neukölln und das Verschwinden der 40 Jahre alten Daniela Langer in Moabit im Mai. Die Ermittler halten die Frau für tot.
Auch das Schicksal der 14-jährigen Georgine Krüger aus Moabit gibt der 6. Mordkommission Rätsel auf. Das Mädchen war im September verschwunden. 135 Hinweise führten die Beamten bisher nicht auf ihre Spur. dpa