: Die siegreiche Radlerin
Sie sei froh, wenn es endlich vorbei ist, hatte Sabine Lühr-Tanck gesagt. Nun ist es vorbei – und die 61-Jährige aus Glücksburg bei Flensburg hat gesiegt: Wer auf dem Rad unverschuldet einen Unfall erleidet, hat vollen Anspruch auf Schadenersatz, egal ob der Kopf durch einen Helm geschützt ist oder nicht, urteilte der Bundesgerichtshof am Dienstag. Das Gericht in Karlsruhe war die letzte Instanz in den Verfahren, das bundesweiten Modellcharakter hat. Der juristische Weg ist damit beendet, doch der Unfall, der sich vor drei Jahren ereignete, wirkt bis heute nach. Das Schädel-Hirn-Trauma, das Lühr-Tanck durch den Unfall erlitt, nahm ihr die Fähigkeit zu riechen und zu schmecken.
Nur wenige Hundert Meter lang ist der Weg zwischen dem Haus und der Praxis der Krankengymnastin. Lühr-Tanck fuhr mit ihrem roten Holland-Rad, als eine Autofahrerin die Wagentür aufriss. Die Radlerin stürzte schwer, die Behandlung und die Rehabilitation dauerten Monate.
Dass dann auch noch Probleme mit der Versicherung auftauchten, kam unerwartet. Obwohl die Schuld bei der Autofahrerin lag – ihr Wagen stand im Halteverbot, sie übersah die vorschriftsmäßig fahrende Radlerin –, sah die Versicherung eine Mitschuld: Lühr-Tanck trug keinen Helm. Nachdem das Landgericht Flensburg 2012 zugunsten der Radfahrerin geurteilt hatte, gab das Oberlandesgericht in Schleswig im Juni der Autofahrerin Recht: Obwohl es keine Helmpflicht gibt, werde ein „verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen“.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club unterstützte Lühr-Tanck: „Wir freuen uns, dass sie von höchster Instanz Recht bekommen hat“, sagte Geschäftsführer Burkhard Stork. EST
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