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Archiv-Artikel

Palästinensischer Krisengipfel geplant

Der jordanische König lädt Präsident Abbas und Regierungschef Hanija zu Versöhnungsgesprächen ein. Israel hebt Straßensperren auf und gibt 100 Millionen Dollar an Zolleinnahmen frei. Hoffnung auf Entspannung im Nahen Osten

AUS JERUSALEM SILKE MERTINS

Neue Verhandlungen der Palästinenser untereinander und mit Israel haben Hoffnung auf eine Entspannung im Nahen Osten geweckt. Der palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija von der radikalislamischen Hamas hat die Einladung des jordanischen Königs Abdullah angenommen, mit Präsident Mahmud Abbas von der gemäßigten Fatah Anfang Januar Versöhnungsgespräche in der Hauptstadt des Nachbarlandes zu führen.

Der Machtkampf zwischen Hamas und Fatah hat die palästinensischen Autonomiegebiete zuletzt an den Rand eines Bürgerkrieges gebracht. Die Hamas-Anhänger sehen in Abbas' Ankündigung, die derzeitige politische Blockade mit Neuwahlen zu lösen, einen „Putschversuch“. Gleichzeitig ist die Hamas aber auch nicht bereit, für die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit den Staat Israel anzuerkennen.

Die offizielle Einladung durch König Abdullah ist für die Hamas ein diplomatischer Erfolg. Es ist das erste Mal seit 1999, als die Hamas-Büros in Amman geschlossen wurden, dass ein hochrangiger Führer der Extremistenorganisation zu Gesprächen anreist. Im Frühjahr war es erneut zu Spannungen gekommen, als der palästinensische Außenminister Mahmud Sahar – ein Hamas-Hardliner – ausgeladen wurde, weil die jordanischen Behörden nach eigenen Angaben einen Waffenschmuggel aufdeckten. Im November wurden zudem drei Hamas-Mitglieder angeklagt. Sie werden beschuldigt, Anschläge auf das Königreich geplant zu haben.

Auf das innerpalästinensische Gipfeltreffen gedrängt hatte Israels Ministerpräsident Ehud Olmert, der vergangene Woche überraschend mit Abdullah zusammengetroffen war. Israel fürchtet, dass die innerpalästinensischen Kämpfe sich negativ auch auf israelische Interessen auswirken könnten. Olmert will nach dem ruhmlosen Kampf gegen die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah an der Friedensfront punkten. Auch die USA dringen angesichts des Debakels im Irak auf eine Beruhigung der Lage im Nahen Osten.

Israel wird deshalb sofort 27 der 400 Straßensperren im Westjordanland aufheben. Olmert hofft, dass „die palästinensische Bevölkerung eine erhebliche Verbesserung ihrer Lebensumstände spürt“. Man wolle damit die moderaten Kräfte bei den Palästinensern stärken. Gleichzeitig warnte Olmert, dass Israel den beständigen Beschuss mit Kassam-Raketen nicht dulden und weiter hart gegen militante Gruppen vorgehen werde. Gestern hatten vier Geschosse das Gelände eines Kraftwerks in der Küstenstadt Aschkelon getroffen.

Bereits am vergangenen Samstag hatte Olmert Abbas bei einem lange erwarteten Gipfel – dem ersten seit über zwei Jahren – zugesagt, 100 Millionen der insgesamt 500 Millionen Dollar an Zolleinnahmen freizugeben, die den Palästinensern zustehen. Israel hatte das Geld nach der Machtübernahme der Hamas im vergangenen März zurückbehalten.