: Sturm auf die billigen Plätze
Die meisten Horte in NRW erleben ihre letzten Monate : Bis 2008 sollen viele zu Ganztagsschulen umgewandelt werden. Eltern werfen ihnen vor, ihre Kinder dort nur günstig aufzubewahren
VON LANA STILLE
Es könnte das letzte Jahr der Horte werden: 2007 wird das Land die Hortplätze wie bisher weiterfördern, ab 2008 sollen die finanziellen Mittel für Hortplätze dann gekürzt – und maximal noch 5.800 Hortplätze gefördert werden. Dies soll den Ganztagsschulen zugute kommen: Um mehr Geld für sie locker zu machen, entschied sich 2001 die damalige SPD-Landesregierung, die Horte zu opfern – und stieß damit auf viel Kritik. Die schwarz-gelbe Landesregierung zeigte sich nicht ganz so rigide wie ihr Vorgänger: Familienminister Armin Laschet (CDU) sprach sich gegen die Streichung der Landesmittel für Horte aus. Sobald die Offenen Ganztagsschulen (OGS) allerdings eine Alternative für die Hortbetreuung darstellten, wolle auch er die Gelder umleiten. Nur einige wenige Horte für Kinder mit speziellem Förderbedarf und in sozialen Brennpunkten sollen auf Dauer erhalten bleiben.
Rund 2.200 Hortplätze sind bisher in Ganztagsschulen aufgegangen, es bleiben noch knapp 28.000, die nach und nach abgebaut werden sollen. Das Konzept „OGS statt Hort“ birgt jedoch mehrere Probleme. Eine Studie über offene Ganztagsschulen im Primarbereich des Landesministeriums für Schule und Weiterbildung zeigt schon in den vorläufigen Ergebnissen Schwachstellen auf. Die Gruppen seien oft groß, eine individuelle Betreuung des Kindes sei schwer. Viele Schulen verfahren nach dem Schema „vormittags Unterricht, nachmittags Betreuen“ – ein Modell, dass auch nicht im Sinne der Landesregierung ist.
Die fehlende Qualität bemängelt auch der Verein für berufstätige Mütter (vbm). Er ist zwar für Ganztagsschulen, fordert aber auch: „Bildung, Erziehung und soziales Lernen statt Verwahrung.“ Der Verein favorisiert aber das Modell der gebundenen Ganztagsschule. „Pädagogik aus einem Guss“ und die Integration von Freizeitaktivitäten würden Horte nämlich nicht bieten. Trotzdem: „Heute schon Hortplätze abzubauen obwohl sich die Ganztagsschulen erst sehr langsam ausbreiten, halten wir für falsch“, meint Eike Ostendorf-Servissoglou vom vbm. „Der Bedarf an Ganztagsbetreuung ist ja bei weitem nicht gedeckt.“
Trotzdem scheint der Hortabbau nicht zu stoppen. Initiativen wie die 2003 vom Erzbistum Köln initiierte Kampagne „Pro-Hort“ sammelten zwar fleißig Unterschriften, blieben aber folgenlos. Dabei steht die Kirche den Ganztagsschulen insgesamt kritisch gegenüber – sie ist selbst Träger von Horteinrichtungen. Johannes Bernhauser vom Erzbistum Köln war der Initiator der Pro-Hort Kampagne und hat seine Zweifel, ob das Betreuungsangebot OGS qualitativ mit dem von Horten vergleichbar ist. Es hänge stark von den Kommunen und deren Förderungsmitteln ab, wie gut das Angebot im Einzelfall sei. Die Landesmittel allein reichten nicht aus: „Man kann nicht für ein Viertel des Geldes die gleiche Qualität liefern.“ Der Zulauf an den Schulen sei zwar groß, aber letztendlich sei oft nicht Pädagogik, sondern Wettbewerb die Motivation für Ganztagsangebote von Schulen. Wenn 2008 die Schulbezirke abgeschafft werden, würde sich dieses Buhlen um viele Kinder noch verstärken. Dann können Eltern frei wählen, wo sie ihre Kinder auf die Schule schicken. Bernhauser erkennt zwar auch die Bemühungen des Landes, die Qualität der Angebote zu verbessern, zum Beispiel durch die Erhöhung der Lehrerstundenzahl pro Gruppe. Trotzdem fehle ein pädagogisches Gesamtkonzept: „Es gibt weder eine überörtliche Aufsicht, wie es das Landesjugendamt für Horte darstellt, noch überörtliche Standards. Das ist wie eine Schule ohne Lehrplan“.