: Studentische Flirtbörse 120 Millionen wert
Das ins Gerede gekommene Online-Portal StudiVZ geht für einen Batzen Geld an die Holtzbrinck-Gruppe
BERLIN taz/dpa ■ So schnell kann man von der Unperson zum Geschäftemacher aufsteigen. Ehssan Dariani, Begründer der Flirtbörse StudiVZ (Studentenverzeichnis) und gerade noch in sexistische Querelen verstrickt, hat die Online-Plattform für viel Geld verkauft. „Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck hat zum 2. Januar 2007 sämtliche Anteile an StudiVZ übernommen“, teilte das Unternehmen lapidar mit. In einem Bieterduell mit Springer soll Holtzbrinck mit 120 Millionen Euro die Nase vorn gehabt haben.
StudiVZ-Gründer Ehssan Dariani jubelte sogleich über den Einstieg des neuen Partners. „Jetzt können wir uns voll auf den weiteren Ausbau der Plattform konzentrieren.“ Das dürfte auch nötig sein. Denn die Studentenbörse hat zuletzt schwere Schlagseite bekommen. Zwar geben bei StudiVZ mehr als eine Million NutzerInnen, zumeist aus dem studentischen Milieu, eine Art Steckbrief mit Hobbys und Interessen ab, um so in Kontakt mit Exmitschülern oder KommilitonInnen zu kommen. Allerdings war die Sicherheit privater Kontaktdaten zeitweise nicht gesichert. StudiVZ musste daher immer wieder stunden- und tageweise vom Netz gehen.
Schwerer wog, dass eine Diskussionsgruppe im Netz heimlich Misswahlen veranstaltete. Man sandte sich gegenseitig die Steckbriefe ungefragter Miss-Kandidatinnen zu. Auserwählte wurden dann teils von 700 Teilnehmern angegruschelt, wie die Mischung von Grüßen und Kuscheln unter Onlinern heißt, das bedeutet: angebaggert. Online-Stalking sei das, schimpften TeilnehmerInnen und verließen die Community.
Das ändert nichts daran, dass die Online-Börse ein Zukunftsmarkt ist. Die Profildaten der mehr als einer Million Mitglieder dürften unbezahlbar sein. Das Netz bietet – Sexismus hin, Stalking her – für Werbekunden einen prima Zugang zu einer jungen, kauflustigen Klientel. Zuletzt hatte sogar der linke Studentendachverband fzs über eine Kooperation mit dem schlüpfrigen Studi-Netz nachgedacht. Für den fzs war die Zusammenarbeit allerdings mit dem mangelhaften Netzkodex dahin. Daran hat sich laut einer Sprecherin auch mit dem Verkauf nichts geändert.
Der Geschäftsführer von Holtzbrinck Networks, Konstantin Urban, sagte, die Kontaktbörse runde das Studentenangebot ab. Holtzbrinck wendet sich mit e-fellows-net sowie den Magazinen Karriere und Zeit Campus an die junge Zielgruppe.
Das Portal war 2005 von den Studenten Ehssan Dariani von der Uni St. Gallen und Dennis Bermann von der Humboldt-Uni Berlin gegründet worden. Vorlage von StudiVZ ist das US-amerikanische Portal Facebook. CIF