Von Kabul nach Karlsruhe

JUSTIZ Ulrich Maidowski wird neuer Richter am Bundesverfassungsgericht. Er wuchs in Afghanistan auf

FREIBURG taz | Der neue Verfassungsrichter hat einen ungewöhnlich bunten Lebensweg. Ulrich Maidowski lebte als Kind und Jugendlicher in Tokio und Kabul. Nach Informationen der taz wird er am kommenden Donnerstag im Wahlgremium des Bundestags als Richter in den Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts gewählt. Vorgeschlagen wird er von der SPD.

Maidowski ersetzt dort Michael Gerhardt, der für das NPD-Parteiverbotsverfahren zuständig gewesen wäre, jedoch aus Amtsmüdigkeit vor wenigen Wochen seine Versetzung in den Ruhestand beantragte. Ob der neue Richter auch für Parteiverbote zuständig sein wird, ist noch unsicher. Am zweiten Senat gibt es keine festen „Erbhöfe“.

Ulrich Maidowski wurde 1958 in Walsrode geboren, lebte jedoch von seinem fünften bis fünfzehnten Lebensjahr in Asien. Zunächst wuchs er in Tokio auf, wo sein Vater an der Deutschen Schule unterrichtete. Später zog die Familie nach Kabul. „Ein Paradies – alles, was heute kaputt ist, war noch da“, wurde er vor einigen Jahren in einem Porträt der Westfälischen Nachrichten zitiert.

Als 1973 der afghanische König gestürzt wurde, war die Familie gerade im Urlaub und kehrte nicht zurück. Ulrich Maidowski ging dann in Hannover zur Schule und studierte anschließend in Tübingen und Aix-en-Provence. Dabei widmete er sich neben der Rechtswissenschaft auch der Philosophie, was am Verfassungsgericht vielleicht auch nützlich ist.

Seine Promotion befasste sich mit der Bevorzugung von Frauen, um Geschlechtergleichheit herzustellen. Er kam zu dem Schluss, dass diese „umgekehrte Diskriminierung“ mit dem Grundgesetz vereinbar sei – fünf Jahre bevor im Grundgesetz ausdrücklich ein Auftrag zur „Beseitigung bestehender Nachteile“ eingefügt wurde.

Maidowski wurde anschließend Verwaltungsrichter und amtierte seit 2009 als Richter am Bundesverwaltungsgericht. Seine Fähigkeiten sind aber vielseitig: Für eine Rechtsschutzversicherung schrieb er Ratgeber über Miet- und Arbeitsrecht. Für die liberale Klaus-Kinkel-Stiftung dozierte er in den neuen EU-Staaten über Europarecht. Maidowski ist verheiratet und hat vier Kinder. CHRISTIAN RATH